Die dunkle Seite des Augusta National Golf Club

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Das Masters ist das wohl bedeutendste Golf-Turnier, das legendäre grüne Jacket eine der begehrtesten Sporttrophäen der Welt und der austragende Augusta National Golf Club ein wunderschönes Fleckchen Erde. Doch die schöne Fassade verstellt den Blick auf die erzkonservative Clubpolitik, Sexismus und eine an Geheimbünde erinnernde Verschwiegenheit.

Der Augusta National Golf Club ist ohne Frage einer der schönsten Orte der Welt. Es duftet nach Blumen, überall wachsen rote und rosa Azaleen, majestätische Bäume säumen die einzelnen Bahnen des Golfplatzes und die weltberühmte Magnolia Lane, die einen auf direktem Weg in das Clubhaus der Anlage bringt, auf der alljährlich das Masters, das wohl berühmteste und wichtigste Golfturnier der Welt, ausgetragen wird.

So ähnlich stellt man sich wohl das Paradies vor, den Garten Eden. Fast zu schön, um wahr zu sein. Unweigerlich fühlt man sich an ein Zitat des ehemaligen Weltklasse-Golfers Gary Player erinnert: „Wenn es im Himmel einen Golfplatz gibt, hoffe ich, dass er so aussieht wie der Augusta National. Ich möchte nur nicht unbedingt eine frühe Abschlagzeit haben.“

Augusta: Mitgliedschaft nur für Männer 

Wenn man denn wenigstens im Himmel eine bekommen kann. Auf Erden ist das für Normalsterbliche so gut wie unmöglich. “Augusta is the closest thing to heaven for a golfer“, schrieb Joe Geshwiller vom San Francisco Examiner. „And it’s just about as hard to get into.”

Denn uneingeschränkten Zugang zum Club hat nur ein kleiner Personenkreis, dessen genaue Zahl aber genauso geheim gehalten wird wie seine genaue Zusammensetzung. Bewerben kann man sich nicht um eine Mitgliedschaft, kaufen kann man sie ebenso wenig. Man wird eingeladen. Natürlich nur, wenn man entsprechende Voraussetzungen mitbringt – in erster Linie Geld und Einfluss. Achja, und ein primäres männliches Geschlechtsorgan. „Mitglied nur mit Glied“, um einem ganz schlechten Kalauer nicht aus dem Weg zu gehen.

Kühe durften eher auf den Platz als Frauen

Frauen sind im Augusta National in etwa so erwünscht wie auf einer frühchristlichen Steinigung. Hatte damals angeblich noch ein angeklebter falscher Bart gereicht, um sich trotzdem Zugang zu verschaffen, ist selbst mit solchen Hilfsmitteln in Augusta nichts auszurichten. Daran änderten weder Interventionen von Frauenrechtlerinnen bisher etwas, noch die Tatsache, dass Hauptsponsor IBM seit Anfang des Jahres einen weiblichen CEO hat. Bis dahin war den Geschäftsführern des Unternehmens traditionell immer die Mitgliedschaft angetragen worden.

Die Frage „Kann es sein, dass Weibsvolk anwesend ist“, wird auf Mitgliederversammlungen daher wohl noch lange wahrheitsgemäß mit „Nein“ beantwortet werden. Während des Zweiten Weltkriegs durften auf den Grüns zwei Jahre lang Kühe weiden, Frauen den Platz aber erst seit 2002 bespielen – selbstverständlich nur als Gast und in Begleitung eines Mitglieds. Einen eigenen Frauenabschlag gibt es übrigens nicht. „Frauen dürfen schlagen, von wo sie wollen“, soll einmal ein Mitglied gesagt haben. Ein Zeichen von Gleichberechtigung?

Wohl kaum, eher ein Überbleibsel des von den Gründern Bobby Jones und Clifford Roberts 1932 implementierten Gedankenguts. „Solange ich lebe, sind in diesem Club die Golfer weiß und die Caddys schwarz“, hatte Roberts einst gesagt. Tatsächlich wurde auch erst 13 Jahre nach seinem Tod das erste schwarze Mitglied aufgenommen – natürlich unter großen Kontroversen. Da Masters-Sieger zu Ehrenmitgliedern aufsteigen, gibt es seit Tiger Woods‘ Sieg 1997 auch ein farbiges Ehrenmitglied – sicher nicht zur ungeteilten Freude vieler Mitglieder des Insidern zufolge immer noch sehr reaktionär denkenden Altherrenclubs.

Masters: Dagegen ist Wimbledon ein Hort der Freigeister

Nicht nur der Zugang zur Mitgliedschaft unterliegt strengen Vorgaben. Auch sonst sind alle Details im Club bis ins Kleinste geregelt – selbst das schon strikt reglementierte Wimbledon wirkt dagegen schon fast wie ein Hort der Freigeistigkeit. Dass die Caddies in weißen Overalls herumlaufen und aussehen müssen wie die Spurensicherung bei CSI ist eine solche Regel, dass die Spieler bei Interviews im Presseraum ihre Mützen gefälligst richtig herum aufzusetzen haben, eine andere.

Masters-Zuschauer werden mit einem 68-seitigen Guide ausgestattet, der ihnen neben Infos zum Turnier auch Verhaltensmaßregeln bietet. Rennen auf dem Platz ist strengstens untersagt, ebenso das Mitführen von Kameras oder Handys auf der Anlage – das Verbot gilt sogar für Spieler und Journalisten. Ordner wachen über die strikte Einhaltung der Regeln. Wer nicht spurt, fliegt raus. Mitglieder, die einen Gast mitbringen, tragen die Verantwortung für diesen und sein Handeln. Muss der Gastgeber die Veranstaltung vorzeitig verlassen, hat der Gast sofort zu folgen.

Gar keinen Spaß verstehen die Veranstalter auch beim traditionellen Champions Dinner. Der Titelverteidiger darf dabei traditionell ein Wunsch-Menü zusammenstellen. Bei den Gerichten sind die alten Herren offen für alles – Tiger Woods wünschte sich 1997 Burger, Fritten und Milchshakes -, an der traditionellen Form im Saal des zweiten Stocks des Clubhauses mit formeller Sitzordnung lassen sie aber nicht rütteln. So wurde auch der revolutionäre Plan von Charl Schwartzel, das Dinner in diesem Jahr in eine Outdoor-Veranstaltung mit von ihm selbst zubereiteten Grillspezialitäten zu verwandeln, abgewiesen.

Augusta National: Geheimbund von Männern in grünen Jacken

Vorwürfe die unzeitgemäßen und verknöcherten Ansichten und rückständigen Strukturen betreffend, verbitten sich die Verantwortlichen – vor allem in der Frage der Mitgliedschaft. Man sei schließlich ein Privatclub, daher niemandem Rechenschaft schuldig und könne auch frei entscheiden, wen man als Mitglieder aufnehmen wolle und wen nicht.

Das mag ja im juristischen Sinne durchaus legitim sein, aber nicht alles, was man so landläufig als „legitim“ bezeichnen kann, muss auch zwingend moralisch richtig sein. Im Falle des Augusta National kollidiert aber gerade der Anspruch, ein kleiner elitärer Club mit archaischen Regeln sein zu dürfen, fundamental mit der Tatsache, dass man das Masters ausrichtet – das größte und wichtigste Golfturnier des Jahres.

Für eine Woche öffnet man die Tore des ob seiner Verschwiegenheit oft spöttisch als eine Art „Geheimbund von Männern in grünen Jacken“ – in Anlehnung an die nur Mitgliedern und Siegern vorbehaltenen grünen Jackets – bezeichneten Club, bittet die Welt hinein, lässt sich das in Form von TV-Geldern und Merchandising fürstlich bezahlen und möchte dann für den Rest des Jahres wieder seine Ruhe?

Irgendwie hat das etwas Verlogenes. Aber auch das passt ja zum eingangs beschriebenen schönen Blütenschein. Denn der ist auch nicht so ganz echt. Die Veranstalter sorgen mit einem raffinierten Klimasystem dafür, dass die Blütenpracht jedes Jahr exakt pünktlich zum Turnierstart in voller Schönheit erblüht.

Malte Asmus

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