Diskussion um Kriterien für Ryder Cup-Nominierung

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Bei der Nominierung des europäischen Ryder Cup-Teams wurde Kapitän Colin Montgomerie ein Opfer des umstrittenen Qualifikations-Systems. Er musste zwei Topspieler aussortieren. In den USA freut man sich schon.

Bis vor Kurzem fühlten sich die Amerikaner als Außenseiter beim Kampf um den Ryder Cup, nach der Bekanntgabe des europäischen Teams sieht das offenbar wieder anders aus. So schreibt Steve Elling in seinem Beitrag für golfweb.com, dass zum ersten Mal seit acht oder neun Monaten das Gefühl aufkommt, dass die US Boys den Pokal als Souvenir aus Wales wieder mit zurückbringen könnten.

Verrückteste Auswahl aller Zeiten

Wer es sich einfach macht, der begründet Montys Dilemma mit der zweifelsohne gestiegenen Anzahl europäischer Spitzengolfer, bei genauerem Hinsehen reicht das als Erklärung jedoch nicht aus. Luke Donald, der per Wildcard einen Platz ergatterte, brachte es folgendermaßen auf den Punkt: „Es war wohl die verrückteste Auswahl aller Zeiten. Gleich zwei Spieler aus der Top-10 der Weltrangliste (er selbst und Paul Casey) wussten nicht, ob sie mitspielen dürfen“, wurde er vom The Telegraph zitiert.

Ungläubig hatte man jenseits des Atlantiks registriert, dass mit Paul Casey und Justin Rose letztlich zwei Weltklassespieler keine Berücksichtigung im europäischen Team fanden. Casey ist aktuell die Nummer neun in der Weltrangliste und damit viertbester Europäer. Er war Dritter bei der British Open und kann auf eine hervorragende Bilanz bei seinen bisherigen Ryder Cup-Starts verweisen.

Die Nummer neun der Welt ist raus

Das gilt auch für Rose, der zudem zweifacher Saisonsieger und als 23. der Welt immer noch besser platziert ist als Ross Fisher (28.), Francesco Molinari (38.), Miguel Angel Jimenez (39) und Peter Hanson (40.), die im Gegensatz zu ihm den Sprung in die Mannschaft schafften. Sowohl Rose als auch Casey verdienen ihr Geld hauptsächlich in den USA, und genau das ist ihr Problem.

Die Qualifikation in Europa läuft zweigleisig. Direkte Plätze werden über die World Points List (WPL – hier zählen alle Ergebnisse weltweit) und die European Points List (EPL – nur Ergebnisse der European Tour) vergeben. Erstmals wurden diesmal nur vier Plätze statt bisher fünf über die WPL vergeben, dafür hatte Montgomerie einen Captain’s Pick mehr als sonst.

Europa schützt seine Tour

Die Begründung für dieses System ist denkbar einfach. Die Verantwortlichen der European Tour wollen mit diesem Modus ihre Tour schützen und dafür sorgen, dass die kontinentalen Spitzengolfer so oft wie möglich in Europa antreten. In der Praxis schlagen die Europäer jedoch vermehrt in den USA ab. Dort ist die Konkurrenz größer und werden höhere Preisgelder bezahlt.

Auch Luke Donald spielt zumeist in den USA und regt eine Änderung des Systems an. „Die European Tour sollte den Modus hinterfragen. Ich kann verstehen, dass sie ihre Tour schützen wollen, aber andererseits wollen die Topspieler natürlich auch gegen die besten der Welt antreten. Dafür sollte man nicht bestraft werden“, erklärte der Engländer gegenüber der BBC.

Ein stärkeres Team wäre möglich

Ein Blick auf die Ranglisten verrät, was er damit meint. In der WPL belegen Lee Westwood, Rory McIlroy, Martin Kaymer und Graeme McDowell die ersten vier Plätze. Dieses Quartett ist auch in der EPL ganz vorne. So weit so gut, spannend wird es dahinter.

Mit Donald (6.), Edoardo Molinari (5.), Padraig Harrington (8.) und Justin Rose (9.) rangieren ausgerechnet vier Spieler unter den Top-10, die letztlich auf eine Wildcard angewiesen waren. Paul Casey liegt auf Rang zwölf, und damit auch noch vor den beiden qualifizierten Peter Hanson (13.) und Ross Fisher (14.). 

Da in diese Rangliste alle Ergebnisse einfließen ist sie aussagekräftiger als die EPL, die ja nur Ergebnisse der Europa-Tour berücksichtigt. Bei der Nominierung werden nun zunächst die besten Vier der WPL ausgewählt, in diesem Fall also Westwood, McIlroy, Kaymer und McDowell.

Da dieses Quartett auch in der EPL die ersten vier Plätze belegte, waren dort nun die Plätze fünf bis neun automatisch qualifiziert. Auf diesem Wege kamen Poulter, Fisher, Molinari, Jimenez und Hanson ins Team.

Nur Verlierer

Natürlich ist es verständlich, dass die European Tour den Ryder Cup dafür nutzt, das eigene Produkt zu stärken, schließlich geht es um viel Geld. Und natürlich kommt das auch vielen europäischen Spielern zu Gute.

Die Rechnung der Tour-Organisatoren ging jedoch nicht auf. Denn Harrington, Donald, Casey und Rose ließen sich auch durch den Druck der bevorstehenden Nominierung nicht zu einem Start in Europa beim entscheidenden Turnier zwingen. Sie wollten, verständlicherweise, beim Höhepunkt der US Tour, den FexEx-Cup-Playoffs nicht fehlen. Zwei von ihnen bezahlten mit dem verpassten Ryder Cup einen hohen Preis.

Am Ende beschleicht einen das Gefühl, dass es nur Verlierer gibt. Auch der Zuschauer erwartet, dass bei einem so prestigeträchtigen Wettkampf wie dem Ryder Cup auf beiden Seiten die bestmöglichen Spieler am Start sind. Und genau das ist bei den Europäern diesmal nicht der Fall, unabhängig davon, dass die Mannschaft auch so alle Chancen hat. Den Amerikanern ist das egal, wie schrieb Steve Elling in seinem Beitrag: „So wie es nun gelaufen ist haben die US Boys absolut nichts gegen das europäische System einzuwenden.“

Lars Ahrens

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