Golf: British Open: Held Mikey, Partymeile, Nowitzki
Jordan Spieth gewinnt die Open Championship in Royal Birkdale und steht damit kurz vor dem Career-Grand-Slam. Der neue Champion Golfer
of the Year muss dabei über den Berg Sinai. Sergio Garcia verliert den Kampf gegen einen Busch, Martin Kaymer hat einen Putter gefunden und Branden Grace wird amazing. Das SPOX-Par-10.
10-6: Der Anschiss vom Caddie & Alfies Army
10. Ginster 1 – Garcia 0: Masters-Champion Sergio Garcia hatte mit dem Ausgang des Turniers nie etwas zu tun, am Ende stand ein geteilter 37. Platz zu Buche. Egal, erstens kriegt er das Grinsen eh nicht mehr aus dem Gesicht, seit er mit dem Green Jacket herumläuft. Und zweitens heiratet er in dieser Woche seine bezaubernde Verlobte Angela Akins. Life is good.
Das heißt aber nicht, dass Garcia nicht mehr anfällig ist für kleine Jähzorn-Ausbrüche. Als er in Runde zwei ein Bogey auf der 4 kassierte, wollte er seinen Frust am zweifelsfrei unschuldigen Ginsterbusch auslassen und schlug zu. Der Spanier unterschätzte aber die Ginster’schen Nehmerqualitäten und verletzte sich bei der Aktion so an der Schulter, dass er erstmal sofort eine Ibuprofen einwerfen und später noch auf der Runde vom Physio behandelt werden musste. Wenn das keine Lehre ist, liebe Kinder. Schreibt der, der ständig alles schmeißt. Okay, nächstes Thema.
9. „You are Rory McIlroy! What the BEEP are you doing?“ Es war auch die Woche der Caddies in Birkdale. Zu Spieths Buddy Michael Greller kommen wir später, jetzt gilt es erstmal die Lässigkeit von Rory McIlroys Taschenträger J.P. Fitzgerald rauszustellen. Als McIlroy in Runde eins nach sechs Löchern schon fünf über Par lag, es war eine nahtlose Fortsetzung an die schlechten vorherigen Wochen, hatte Fitzgerald endgültig genug gesehen.
„Du bist Rory McIlroy, Mann! Was machst Du hier eigentlich für eine Scheiße?!“ Rumms! McIlroy reagierte zwar vordergründig mit einem gelangweilten „whatever“, aber Fitzgerald hatte den Nerv getroffen. McIlroy fightete sich stark ins Turnier zurück und bewegte sich bis Ende zwischen Genie und Wahnsinn.
Plötzlich waren wieder viele Rory-Momente dabei, aber die bösen Aussetzer wie die katastrophale Schlägerwahl in Runde 3 an der 10 verfolgten ihn auch weiterhin. Ein vierter Platz klingt am Ende top und ist es natürlich auch, aber eben nicht so wirklich für Rory. McIlroy steht weiterhin bei vier Majors, Spieth ist ein bisschen jünger und ihm dicht auf den Fersen. Ganz klar: McIlroy muss jetzt langsam mal zurückschlagen, am liebsten schon bei der PGA Championship.
8. Einbrecher bei den Stensons: Es war eine schwierige Woche für den Titelverteidiger. Zuerst musste Henrik Stenson nach alter Tradition Anfang der Woche den Claret Jug wieder zurückgeben, dann folgte während Runde eins ein richtiger Schock. Während der Schwede auf dem Platz unterwegs war, drangen Einbrecher über die Terrasse in sein Mietshaus ein und raubten alles, was sie finden konnten. Vor allem wertvollen Schmuck seiner Frau Emma und auch seine gesamte Kleidung.
Aber Stenson wäre nicht Stenson, wenn er nicht selbst in dieser Situation seinen Humor behalten würde. „Sie haben mein Handgepäck vergessen. Wenn Ihr zuhört, Ihr habt den ganzen Jackpot verpasst. Aber meine Outfits für den Rest der Woche sind weg. Wenn Ihr also Typen in Hugo-Boss-Sachen seht, fragt sie mal, was sie gestern zwischen 12 und 16 Uhr gemacht haben“, sagte Stenson, der scherzte, dass er sich selbst als Ermittler probieren würde. „Ich werde mich heute Abend mal umschauen.“
Angesichts der Umstände spielte Stenson sogar noch ein sehr anständiges Turnier und verfehlte nur ganz knapp die Top 10.
7. Kaymer hat einen Putter gefunden: Birkdale lieferte auch am Rande so einige nette Geschichten. Zum Beispiel ein Duell der 13-Jährigen, dass der kleine Poulter gegen den kleinen Daly in einem 8-Loch-Matchplay in einem nahe gelegenen Club gewann und ihm dabei 20 Pfund abzog. Wie der Vater…
Die Open-Woche von Martin Kaymer und Bernd Wiesberger zusammenzufassen, ist dagegen ähnlich zäh wie ihr Spiel diese Woche. Während beim Ösi seit einigen Wochen nicht mehr viel zusammengeht und einzig der geschaffte Cut (bei Rang 74 am Ende) noch irgendwie positiv zu erwähnen ist, scheint Kaymer wenigstens einen neuen Freund gefunden zu haben.
Wenn der Deutsche am Finaltag im Bild war, dann lochte er links und rechts Putts ein (leider zu oft nur zum Par) und schob sich durch seine 68 am Finaltag immerhin noch in die Top 40. Nach einer Woche, in der wahrscheinlich nur das Wetter einen verpassten Cut verhinderte, und aufgrund der gesundheitlichen Probleme Kaymers (Schulter) noch durchaus okay.
Nachdem der Putter gefunden ist, will sich Kaymer jetzt seinem Eisenspiel widmen, da hakt as aktuell am meisten. Wenn er auch das in den Griff bekommt, müsste es eigentlich bald mal wieder viel weiter nach vorne gehen.
6. Alfies Army: Die Liste der Amateure, die sich bei der Open Championship die Silver Medal geholt haben, liest sich seit diesem Jahr noch legendärer. Tiger Woods, Justin Rose, Rory McIlroy, Alfie Plant!
Bei keinem Spieler gab es in Birkdale solche Jubelstürme wie bei Plant. Okay, das hat auch einen einfachen Grund, er hatte seinen eigenen 150 Mann starken Fanclub mit Team-Alfie-Ausstattung dabei.
Plant erlebte mit dem geschafften Cut (62. Rang) und der Silver Medal die Woche seines Lebens. Mehr noch: Er spielte sich in die Herzen der Zuschauer, weil er ein echter Held der Arbeiterklasse ist. Plant arbeitete als Postbote. Plant ist der größte FC-Millwall-Fan auf der Welt. Und Alfie Plants Freundin heißt Daisy Meadows. Kein Scherz.
Ende des Jahres wird der 25-Jährige nach dem Walker Cup den Sprung ins Profilager wagen, das Par-10 drückt fest die Daumen.
5-1: Amazing Grace & Jordan auf dem Berg Sinai
5. Wie geht’s deiner Mom, Li? Aus der Kategorie Namen, die man sich merken muss, haben wir hier mal zwei neue im Angebot. Da wäre zum einen Austin Connelly. Ein 20-jähriger Kanadier. Sieht aus wie ein Chorknabe. Hat den gleichen Schwungcoach wie Jordan Spieth. Ganz am Ende fiel Connelly zwar noch aus den Top 10, aber sein riesiges Potenzial hat er in Birkdale mehr als nur angedeutet. Interessant: Connelly will den Koepka-Weg gehen und sich jetzt erstmal auf der European Tour durchbeißen.
Und dann ist da noch Li Haotong. Der 21-jährige Chinese, der hinter Spieth und Kuchar tatsächlich alleiniger Dritter wurde, weil er am Finaltag ab der 8 alles einlochte und eine grandiose 63 ins Clubhaus brachte.
Aber wir haben eine schlechte Nachricht für Li Haotong. Solange er kein Major gewinnt, wird er niemals aus dem Schatten seiner Mutter treten. Wir erinnern uns: Diese sorgte vor wenigen Wochen bei der Open de France für einen der lustigsten Momente der Golfgeschichte. Was war passiert? Li Haotong hatte aus Frust seinen Putter zerbrochen und in den See geschmissen. Doch er ahnte nicht, dass seine Mom durch das Wasser waten und sich den Putter zurückholen würde. Nur um dann festzustellen, dass er ja kaputt war und ihn wieder ins Wasser zu schmeißen. Mensch, Mama. Herrlich.
4. Amazing Grace: Seit 157 Jahren werden Major Championships ausgetragen. Royal Birkdale 2017 war Nummer 441. 63er-Runden hatten wir so einige gesehen, 31 Stück. Aber nie eine 62. Es war einer jener Rekorde im Sport, an dem sich immer alle die Zähne ausgebissen hatten. Einige waren nahe dran, so wie Phil Mickelson im vergangenen Jahr, aber es sollte nie sein. Bis zum 22. Juli 2017. Bis Branden Grace kam.Man muss zugeben, dass es keine ganz große Sensation war, als man sich am Samstagmorgen die Bedingungen anschaute. Während alle Spieler jubelten, dachte man sich als Fan: Kein Wind? Kein Regen? Softe Grüns? Ach nö. Freitagnachmittag war doch so ein Traum. Da hat es gegossen, da hat es geblasen, da standen die Regenschirme falsch herum, da haben sie alle gelitten, so was mag ich!
Dennoch: Eine bogeyfreie 62 mit acht Birdies muss man erstmal spielen. Es war eine Runde für die Ewigkeit von Gracey, der allerdings im Anschluss die komplette Golfwelt in Schock versetze, als er tatsächlich meinte, dass er bis zum Schluss gar nicht wusste, dass er da jetzt den mit bedeutendsten Rekord überhaupt aufstellt. Er hat es versprochen, dass es so war, also glauben wir ihm, aber das ist absolut unfassbar. Wie kann man das nicht wissen??!!
Zwei Bemerkungen noch: Grace spielte seine Runde zusammen mit Jason Dufner. Duffy spielte eine 66. Nicht so schlecht, interessierte aber kein Schwein. Dazu: Für Johnny Miller muss es der schlimmste Tag seines Lebens gewesen sein. Seine 63 von Oakmont 1973, die in seinen Augen einzig wahre 63, für immer ausgelöscht. Und er musste es auch noch live kommentieren.
3. Der arme Kuuuuuuuch: Dass Jordan Spieth sich bei seiner Siegesrede explizit an Matt Kuchar wendete und sich bei ihm für sein bemerkenswertes Verhalten bedankte, zeigte einmal mehr den Charakter von Spieth. Aber seien wir ehrlich: Wennn Du Kuch bist, bringt Dir das doch auch nichts. Es ist einfach die Hölle.
Erstmal braucht dein Mitspieler auf der 13 eine halbe Stunde, um einen Schlag auszuführen. Völlig surreal. Aber egal. Da bist Du dann fünf Löcher vor Schluss wirklich ganz oben auf dem Leaderboard, da kannst Du deinen ersten Major-Sieg riechen. Und dann spielst Du die nächsten vier Löcher in zwei unter Par und verlierst trotzdem drei Schläge, weil Du gegen einen komplett wahnsinnigen Harry Potter spielst. Da willst Du doch springen! An der 18 liegt ausgerechnet dein Ball dann natürlich auch noch plugged im Bunker. Danke auch dafür. Fair ist das alles nicht.
Es war schon fast herzzerreißend, als Kuchar am 18. Grün von seiner Frau und den beiden Kindern überrascht wurde, die extra aus Colorado eingeflogen waren, ohne dass er etwas davon geahnt hatte. „Du arbeitest so hart, um Dich in so eine Position zu bringen und Geschichte schreiben zu können. So viele Chancen bekommt man nicht. Es ist bitter. Es tut weh.“ Wir fühlen mit Dir, Kuuuuuuch!
2. Wie Moses auf dem Berg Sinai: „Oh no, this is way right, this is miles right, this is 100 Yards right!“ Man kennt das ja selbst sehr gut, dass man nach dem Abschlag die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, aber normalerweise sieht man das nicht bei der Open Championship vom Führenden.
Es waren 30 völlig bizarre Minuten, die sich an Bahn 13 abspielten. Spieths Abschlag ging so weit rechts weg, dass er in einer völlig anderen Zeitzone landete. Dass er einen Fan traf, der nicht mal die 13 anschauen wollte. Spieths Ball lag im Rough auf der anderen Seite einer Sanddüne. Völlig unspielbar. Was machen? Wo droppen? Spieth entschied sich für die Option, so weit zurückzugehen, wie er will. Zurück zur Driving Range? In der Tat, aber da standen ja noch die Trucks davor, also stand Spieth jetzt plötzlich mit dem Referee zwischen den Trucks, um auszudiskutieren, wo er denn jetzt genau droppen darf und kann.
Sein Caddie stand derweil ganz oben auf dem Berg und versuchte schon mal irgendwie Entfernungen herauszufinden. Google Earth wäre ganz nützlich gewesen. Und Walkie-Talkies. Es war absurd. Es war van de Velde-esque. Statt der erwarteten Prozession zum Sieg war Spieth dabei, ein völliges Debakel zu erleben. Plötzlich war das Masters 2016 in der Birne drin, als er den Sieg auf dramatische Art und Weise weggeschmissen hatte. Jetzt schon wieder?
Er hätte daran zerbrechen können. Aber was machte der Typ? Er zimmerte den Ball mit einem Eisen 3 zurück ins Spiel und lochte einen monumentalen Bogey-Putt, bevor er in der letzten Stunde sich in den Spieler verwandelte, der verdammt starke Ähnlichkeit mit dem Tiger Woods seiner besten Zeit hat.
Fast-Hole-in-One an der 14, Eagle an der 15 mit einer der besten Reaktionen ever (Mikey, hol‘ den Ball raus!), Birdie 16, Birdie 17. Absolut nicht von dieser Welt. Aber entscheidend für alles war das Bogey an der 13. Spieth: „Es fühlt sich an, als ob ich mit Mord davon gekommen bin.“ Oja.
1. Der Held heißt auch Mikey: Er hat das Masters gewonnen. Er hat die US Open gewonnen. Er hat die Open Championship gewonnen. Und er ist noch keine 24 Jahre alt. Vor Spieth schaffte das nur Legende Jack Nicklaus. Tiger Woods war 24, als er Schritt drei von vier auf dem Weg zum Grand Slam machte. Sollte Spieth im August die PGA Championship gewinnen, wäre er erst der siebte Spieler aller Zeiten, der alle vier Major-Titel auf dem Konto hat. Sogar noch in der richtigen Reihenfolge…
Klar ist, dass bei aller berechtigten Bewunderung für Spieth, sowohl für den Golfer als auch für den Menschen, Caddie Michael Greller nicht vergessen werden darf. Mikey hat einen enormen Anteil an Spieths Erfolgen. Birkdale war das beste Beispiel.
Als Spieth Aufmunterung benötigte, sagte Greller ein Schlüsselwort: Cabo. In Cabo San Lucas, einem Luxusparadies und Party-Ort in Mexiko, hatte Spieth vor wenigen Wochen Urlaub gemacht, als ein bemerkenswertes Foto entstand. Darauf zu sehen sind unter anderem Michael Jordan und Michael Phelps. Und eben Spieth.
Mikeys Message: „Erinnerst Du dich an die Gruppe, mit der Du in Cabo warst. Du gehörst in diese Gruppe rein. Du musst das jetzt glauben.“ Spieth glaubte es und performte so, wie es seine Idole in ihrer Sportart immer taten. Wenn es um Spieths Idole geht, darf für den Mavs-Ultra übrigens einer auf keinen Fall fehlen: Dirk Nowitzki.
Auf die Frage, mit wem er denn gerne in einem Traum-Vierer spielen würde, hatte Spieth mit Dörk geantwortet. 18 Löcher mit Spieth und Nowitzki – also das Par-10 wäre dabei! Wir können ja noch Justin Thomas mitnehmen, vor allem aus modischen Gründen (Cardigan und Krawatte und so).
P.S.: Ach ja, es hat sich wieder gelohnt, am Wochenende einfach nichts anderes zu machen, als 20 Stunden lang Golf zu schauen.
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