John Dalys PGA Championship-Sieg 1991

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Talent und Können sind die wichtigsten Voraussetzungen, wenn man eine Sportart erfolgreich betreiben möchte. Um aber tatsächlich auch auf großer Bühne den Durchbruch zu schaffen, kann auch eine ordentliche Portion Glück, eine kräftiger Wink des Schicksals oder – wie die Geschichte von John Dalys Überraschungssieg bei der 73. PGA Championship 1991 zeigt – sogar beides durchaus hilfreich sein.

Sein Rookie-Jahr auf der PGA Tour war okay verlaufen. Mit seinen enormen Abschlägen beeindruckte er die Konkurrenz, allerdings ging bei ihm Weite zu häufig zu Lasten der Genauigkeit. Daly verpasste so zwar einige Cuts, landete bei einigen kleineren Events aber auch in den Top Ten. Seine Tourkarte hatte der Vielspieler somit frühzeitig sichern können. Die direkte Qualifikation für das letzte Major des Jahres im Crooked Stick Golf Club vor den Toren von Indianapolis verpasste er allerdings.

Absagen über Absagen

Auf der Liste der Nachrücker fand sich Daly gerade einmal an Position neun wieder, die Chance doch noch ins Turnier zu rutschen war in etwa so groß, wie die Wahrscheinlichkeit ein Par 5 mit einem Hole in One zu beenden. Doch in den Tagen vor Turnierstart geschah das erste in einer ganzen Reihe von Wundern. Ein Spieler nach dem anderen sagte tatsächlich ab.

Daly rutschte immer weiter nach vorne und war plötzlich nur noch eine Absage von der ersehnten Teilnahme entfernt. Als die PGA ihm am Tag vor dem Turnier zu Hause in Memphis telefonisch die Nachricht übermittelte, setzte sich Daly sofort in sein Auto und raste die knapp 800 Kilometer nach Indianapolis, immer in der Hoffnung, auch tatsächlich spielen zu dürfen.

Letzten Startplatz und Caddie geerbt

Das Schicksal meinte es wieder gut mit ihm – diesmal sogar doppelt. Denn als bei der Ehefrau von Nick Price überraschend die Wehen einsetzten, musste auch der Mann aus Zimbabwe absagen und Daly erbte aber nicht nur den Startplatz von Price, sondern auch dessen Caddie Jeff Medlin, genannt Squeaky.

Ein wahrer Faustpfand, denn Daly war nicht nur völlig übernächtigt, als er im Crooked Stick ankam, sondern kannte auch weder den Platz, noch hatte er Gelegenheit, ihn bei einer Übungsrunde kennenzulernen. Medlin, ein akribischer Arbeiter, hatte den Platz aber eingehend studiert.

„Jeff schritt die Plätze immer peinlich genau ab“, erinnerte sich seine Witwe Dianne Medlin Jahre später gegenüber golf.com. „Dafür nahm er sich immer viele Stunden Zeit.“ Der Rat, Medlin zu nehmen, kam von Price selbst. „Ich sagte zu ihm ‚Hol dir Squeak. Er ist vor Ort, kennt den Kurs und wird für dich einen guten Job machen“, erinnerte sich Price bei foxsports.com.

Ein Platz wie für Daly gemacht

Daly profitierte von Medlins Ortskenntnis. „John war wie ein Blinder mit einem Blindenhund. Immer fragte er ‚Wo soll ich hinschlagen, Squeaky?'“, erinnerte sich Flight-Partner Bill Andrade laut golf.com. „Viele Schläge hat er dann nicht verhauen.“ Die Richtung konnte Medlin seinem neuen Chef Daly vorgeben, allerdings nicht den richtigen Schläger. „Nach der ersten Runde rief er mich an und sagte ‚Da kann ich den Typen nicht beraten. Er schlägt einfach länger als jeder, den ich bisher gesehen habe“, berichtete seine Witwe weiter.

Der 7,295-Yard lange Platz kam Longhitter Daly entgegen. Hier konnte er seine große Stärke perfekt in Szene setzen und sorgte für einige Ausrufezeichen. „Da waren einige Eisenschläge dabei“, erklärte Bruce Lietzke kansascity.com. „Die waren eineinhalb Minuten in der Luft und kamen dann direkt am Loch zu liegen.“ Daly beendete den ersten Tag nur zwei Schläge hinter der Spitze, lag nach dem zweiten plötzlich sogar in Führung. Der Nobody war auf einmal in aller Munde und beendete auch den Moving Day an der Spitze.

Regel zu Dalys Gunsten ausgelegt

Ein bisschen half auch hier enormes Glück nach. Denn als Daly die Puttlinie am elften Loch taxierte, berührte Squeaky für einen winzigen Augenblick mit dem unteren Ende der Fahne den Boden hinter dem Loch – eigentlich ein Regelverstoß, der bei strikter Auslegung mit zwei Strafschlägen hätte geahndet werden müssen. Nach Studium der TV-Bilder entschied das PGA Rules Commitee jedoch, dass Medlin ihm nicht die Puttlinie hatte vorgeben wollen und ließ Daly straffrei, so dass er mit drei Schlägen Vorsprung in den Schlusstag gehen konnte.

Den Abend vor dem großen Tag verbrachte Daly mit seiner Verlobten Bettye bei einem Vorbereitungsspiel der Indianapolis Colts gegen Seattle. Im Stadion wurde der Mann, den drei Tage zuvor nicht einmal alle Golfexperten kannten, begrüßt wie ein Superstar. „Die Fans drehten fast durch. Bettye und ich gingen zur 50 Yard Linie und winkten ihnen zu“, erinnerte sich Daly bei golf.com. Der Besitzer der Colts wollte den Hobbyspieler sogar dafür gewinnen, im Spiel einen Field Gold-Versuch zu kicken. „Ich wollte mich schon umziehen“, so Daly. „Aber die Versicherung spielte da letztlich nicht mit.“

Ein Bierchen auf dem Weg zum Grün

Dafür blieb das Glück Daly hold. Am Schlusstag spielte er eine solide 71er-Runde und sicherte sich seinen ersten großen Sieg mit drei Schlägen Vorsprung auf Bruce Lietzke. Beim PGA Championship 1991 zeigte Daly aber nicht nur sein großes Golftalent, sondern auch zwei weitere Wesenszüge, die ihn prägten und bis heute prägen. Zum einen seine Warmherzig- und Großzügigkeit. Von seinem Preisgeld spendete er einen Teil den Hinterbliebenen eines Zuschauers, der während des Turniers von einem Blitzschlag getötet wurde.

Doch dann war da noch die dunklere Seite. Angeblich soll er auf dem Weg zum entscheidenden 18. Loch in aller Seelenruhe ein Bier aus einem Plastikbecher getrunken haben. Ein Fingerzeig auf die Zukunft, die wegen vieler Eskapaden um Alkohol, Frauen und Glückspiel weit weniger rosig verlief als viele nach diesem tollen Karrierestart damals angenommen hatten. Großes Talent und einige Wunder können dich in die Weltspitze führen. Doch Glück muss man sich auch erarbeiten und um sich auf Dauer oben zu halten, muss man mit dem neugewonnenen Ruhm aber auch fertig werden können.

Malte Asmus

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