Legendärer Showdown zwischen Watson und Nicklaus

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Turnberry, Juli 1977 – zwei Männer kämpfen um die Krone der British Open. In einem einzigartigen Showdown lieferten sich Jack Nicklaus und Tom Watson unter schottischer Sonne vor tausenden begeisterten Zuschauern ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel. sportal.de erinnert an das wohl dramatischste Finish des Traditions-Majors aller Zeiten, an dessen Ende sich Watson knapp durchsetzen konnte.

Es war wie in einer Szene aus einem klassischen Western, wenn sich die beiden Rivalen auf der Straße zum letzten Duell einfinden. Die Sonne schien, am Horizont wirbelten Staubwolken über das karge und trockene schottische Linkland und mittendrin standen umringt von einer Horde Schaulustiger die beiden Kontrahenten – Tom Watson und Jack Nicklaus.

Die Spannung an diesem Julitag in Turnberry hätte nicht größer sein können. Nach zwei Runden hatten die beiden mit jeweils 68 und 70 gleichauf an der Spitze gelegen, einen Schlag vor dem Rest des Feldes. Nach dem dritten Tag hatten sie sich im gleichen Flight gegenseitig zu einer 65 angestachelt und bauten – immer noch schlaggleich – ihre Führung auf satte drei Versuche aus. So musste die Entscheidung in einem direktem Showdown auf den letzten 18 Löchern der Open 1977 fallen. Eine Entscheidung wie gemacht für den nervenstarken Altmeister Nicklaus.

Watson galt als nervenschwach

Den 27-jährigen Watson dagegen hatten viele schon im Vorfeld abgeschrieben, obwohl er 1975 die Open bereits gewonnen hatte und 1977 auch im Masters triumphieren konnte. Doch unter Druck würde er zusammenbrechen, unkten die Experten. Und zunächst sollten sie auch Recht behalten. Denn Nicklaus konnte ein Bogey seines Gegners an Loch zwei mit einem Birdie am zweiten Loch zu einer Zwei-Schlag-Führung nutzen und an der vier sogar auf drei ausbauen.

Doch Watson konterte, schaffte Birdies an der fünf und sieben, nach einem Abschlag, dem der zehn Jahre ältere repektvoll applaudierte, und war plötzlich wieder bis auf einen Schlag dran und glich nach acht Löchern wieder aus. Doch das Zitterspiel ging weiter, wieder musste er an der neun einen Schlag droppen und Nicklaus nutzte die Chance mit einem Birdie und einem starken Putt an der 12. Erneut zog er auf zwei Schlägen davon.

Menschenmassen wollen das Schauspiel sehen

Der Golden Bear sah wie der sichere Sieger aus, sein Gegner setzte jedoch alles auf eine Karte und rief sein bestes Golf ab. Dabei ließ er sich auch nicht von der Menschenmenge aus der Ruhe bringen, die herbeigestürmt war, um sich den Showdown aus nächster Nähe anzuschauen. „Das war eine enorme Menge, die uns an jedem Loch vorausging““, erinnerte sich auch Nicklaus laut golf.com.

Schon am neunten Loch hatte es beinahe Tumulte gegeben, als eine Menschenmasse auf das Fairway gedrängt war, an der 14 sorgten die Zuschauer dann sogar für eine längere Unterbrechung. Sie hatten derart viel Staub aufgewirbelt, dass die Fahne kaum noch zu sehen war. Die Stewards waren nicht im Stande diese Flut einzudämmen. Bis sich alles wieder beruhigt hatte und wieder freie Sicht herrschte, waren ganze 15 Minuten vergangen, Minuten, in denen beide Kontrahenten versuchten, die Konzentration zu halten. „Wir haben nicht miteinander gesprochen“, widerlegte Watson später das Gerücht, die beiden Kontrahenten hätten die Zeit mit Smalltalk überbrückt.

„Als es weiter gehen konnte, war die Stimmung immer noch verrückt, aber es war etwas mehr Ruhe und Ordnung drin.“ Auch im Spiel von Watson. Sein Abschlag an der 15 missglückte zwar, doch einen Putt aus 18 Metern versenkte er und das brachte ihn wieder heran und Nicklaus aus dem Konzept, an der 17 spielte er lediglich Par und Watson ging mit einem Ein-Schlag-Vorsprung ans letzte Loch.

Watson cool, Nicklaus mit großem Fairplay

Während Watson ein guter Schlag auf das Fairway glückte, hatte Nicklaus auch hier Probleme, sein Ball landete unter einem Busch. „Nur einen Millimeter weiter und er wäre unspielbar gewesen“, erinnerte sich Watson, dem sein Caddie daraufhin laut telegraph.co.uk zuraunte: „Jetzt haben wir ihn.“ Doch dann mussten beide mit ansehen, wie sein Gegner tatsächlich einen großartigen Schlag auf das Grün fabrizierte und anschließend aus knapp zwölf Metern seinen schnurgeraden Putt ins Loch zirkelte und damit seinem Ruf als einer der besten Putter aller Zeiten erneut gerecht wurde.

Das Publikum rastete beinahe aus. Watson selbst lag nur knapp 1,20 Meter entfernt – verhältnismäßig nahe, doch unter dem Druck ausgesprochen schwer. Noch dazu schrien die Zuschauer unentwegt weiter, ließen sich auch nicht von den Stewards, die verzeifelt ihre Schilder schwenkten, bändigen. Erst Nicklaus konnte das Publikum beruhigen und sorgte für die nötige Konzentrationsmöglichkeit bei seinem Gegner, wie Watson erinnerte.

„Sie schrien immer weiter“, erinnerte er sich im Telegraph. „Dann habe ich mir gesagt, ich mache einfach weiter – egal ob sie aufhören oder nicht. Ich legte den Ball hin, da erhob Jack seine Hände. Innerhalb von fünf Sekunden war es still. So etwas gibt es nur im Golf, eine absolut einzigartige Sache.“ Watson bedankte sich, behielt die Nerven, versenkte den Putt und entschied das Duell unter der Sonne, wie die Zeitungen später schrieben, für sich.

Herzliche Umarmung nach großem Kampf

Anders als im Western, wo der Showdown normalerweise für den einen Duellanten das Ende bedeutet, war der Shootout von Turnberry anders gelagert. Unmittelbar nach dem versenkten Putt, ging der unterlegene Nicklaus auf den Sieger zu und gratulierte herzlich.

Dabei nahm er Watson in den Arm. „Er hätte mir fast das Genick gebrochen, so sehr hat er mich gedrückt“, erinnerte der sich laut golftoday.com an die Geste und die folgenden Worte: „Tom, ich habe meinen besten Schlag ausgepackt, doch er war nicht gut genug. Herzlichen Glückwunsch.“ Ein würdiges Endes eines großartigen Golfwochenendes bei den British Open oder um es mit einem Film eines anderen Genres zu sagen: Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Malte Asmus

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