Martin Kaymer im sportal.de-Interview

Martin Kaymer hat das erfolgreichste Jahr in seiner Karriere hinter sich. Als krönenden Abschluss sicherte sich der 25-Jährige noch den Gewinn des Race to Dubai. Im Interview mit sportal.de offenbart er die drei wichtigsten Momente des Jahres, erklärt den Verzicht auf die PGA-Tour und spricht über Trash Talk beim Golf.
Herr Kaymer, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Race to Dubai. Sebastian Vettel ist nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft mit seinem Boliden um das Brandenburger Tor gefahren. Ihr Titel ist ja sicherlich vergleichbar mit dem WM-Titel in der Formel 1. Sehen wir Sie nun von der Kuppel des Reichstages abschlagen?
Martin Kaymer: „Vielen Dank! Ich bin auf jeden Fall mehr als glücklich, dass dieses Jahr so gut gelaufen ist und ich das Jahr als erfolgreichster Golfprofi Europas abschließen darf. Bei der Gelegenheit auch meinen herzlichsten Glückwunsch an Sebastian Vettel. Wer hätte das gedacht, dass er nach dieser schwierigen Saison noch Weltmeister wird – Hut ab, tolle Leistung, das unterstreicht seine Ausnahmefähigkeiten.“
Wann haben Sie zum ersten Mal daran geglaubt, dass es in diesem Jahr klappen könnte?
Martin Kaymer: „Ich habe, ehrlich gesagt, versucht, nicht allzu viel darüber nachzudenken. So setzt man sich nur unnötig unter Druck und lenkt sich mit unnötigen Rechenspielchen ab. Am Samstag war ich mir schon ziemlich sicher und am Sonntag habe ich es dann geglaubt, als mir der Pott übergeben wurde.“
Nachdem Graeme McDowell in den letzten Wochen so viel Boden auf Sie gut gemacht hatte, wie sehr haben Sie den Druck gespürt?
Martin Kaymer: „Klar bekomme ich das mit, wie die Konkurrenz unterwegs ist. Ich wusste aber immer, auch wenn er mich einholen sollte – am Ende stehen wir in Dubai auf dem gleichen Platz und dann hat das eine Art Matchplay-Charakter. Für mich war immer entscheidend, dass ich es selbst in der Hand habe und da das die ganze Zeit der Fall war habe ich keinen besonderen Druck gespürt.“
Apropos Matchplay: In der ersten Runde standen Sie dann auch noch mit dem direkten Konkurrenten in einem Flight und kämpften Mann gegen Mann um den besseren Start ins Turnier. Doch gerade damit hatten Sie beim Ryder Cup einige Schwierigkeiten. Haben Sie in diesem Moment daran zurückdenken müssen, oder kann man das einfach ausblenden?
Martin Kaymer: „Es geht ja immer darum, die bestmögliche Strategie und den bestmöglichen Schlag für den Augenblick anzuwenden. Dabei darf ich mich dann auch nur auf diesen Moment konzentrieren – und das trainiere ich auch ständig. Emotionen zu nutzen und sich für die nächste Herausforderung zu motivieren ist gut – sobald aber der nächste Schlag ansteht, darf nichts anderes mehr zählen.“
Jetzt können Sie nach einer Saison voller Highlights zurückblicken auf ein starkes Comeback, nachdem Sie im letzten Jahr den Kartunfall hatten und Sie dadurch auf dem Weg zum möglichen Race to Dubai-Gewinn gestoppt wurden. Der erste Erfolg bei einem Major-Turnier, der Ryder Cup und nun der Gewinn des Race of Dubai. Wie fällt Ihr Saisonfazit aus?“
Martin Kaymer: „Ich bin überglücklich und auch sehr dankbar. Diese drei Ziele hatte ich mir fest vorgenommen, aber mir nicht erträumt, dass ich sie so früh bereits erfülle. 2010 war mein mit Abstand erfolgreichstes Jahr und ich bin hochmotiviert, meine Leistungen in den kommenden Jahren zu bestätigen und weiter auf diesem Niveau mitzumischen.“
Welche drei Top-Momente aus der nun abgelaufenen Saison gehen Ihnen immer wieder durch den Kopf? Was werden Ihre persönlichen Highlights aus der Masse an Erfolgen werden?
Martin Kaymer: „Der 1. Abschlag beim Ryder Cup war schon etwas ganz Besonderes und das Stechen bei meinem PGA-Sieg werde ich auch immer in Erinnerung behalten. Außerdem den Moment auf dem 18. Grün in Dubai, als ich sicher als Sieger feststand und mein Vater zu mir aufs Grün kam.“
Man soll aufhören wenn es am schönsten ist ….. Machen Sie trotzdem im nächsten Jahr weiter? Und was kann nun noch kommen – was sind Ihre Ziele für 2011? Stichwort Weltrangliste und vielleicht auch Ryder Cup 2018 …
Martin Kaymer: „Es war wirklich ein tolles Jahr, aber dieses Jahr soll bei mir ja erst der Grundstein für eine lange und erfolgreiche Karriere sein. Deswegen will ich mir auch keine vereinzelten Ziele für 2011 oder 2012 setzen. Ich möchte meine Leistung bestätigen und beweisen, dass ich zu Recht da oben stehe und auch in den nächsten Jahren weiterhin zu den bestplatzierten Spielern der Tour gehöre. Der Ryder Cup 2018 wäre eine tolle Sache für Deutschland. Ich würde mich sehr freuen, wenn das klappt und drücke eifrig die Daumen. Ich hoffe natürlich, dass ich auch 2018 Teil des Team Europe sein werde und dann die Möglichkeit habe, eine Heim-WM zu spielen.“
Sie wollen auf der European Tour bleiben, da Ihnen der Terminkalender der US-Tour nicht zusagt. In anderen Sportarten geht es zeitweise ausschließlich ums Geld, Sie verzichten auf höhere Preisgelder. Steht der Spaß beim Spielen tatsächlich im Vordergrund, oder hat der Verzicht andere Gründe?
Martin Kaymer: „Deutschland ist meine Heimat, ich lebe hier und fühle mich auf der European Tour einfach wohl. Die PGA Tour ist eine große Herausforderung, der ich mich vielleicht eines Tages mal stellen werde, nicht aber in der kommenden Saison. Beide Touren sind einfach nicht mehr zu kombinieren, jedenfalls nicht so, dass man immer zu 100 Prozent körperlich und mental da ist. Deshalb spiele ich nur ein paar Turniere in den USA.“
Jetzt ist aber sicher erstmal Urlaub angesagt. Sie kommen ja im Laufe des Jahres viel rum, sehen dabei die schönsten Plätze der Welt. Wo kann man da noch Urlaub machen – was reizt Sie noch?
Martin Kaymer: „Mein erstes Ziel nach einer stressigen Saison ist eigentlich immer mein zu Hause – Mettmann. Das ist mein Heimatort, dort treffe ich alte Kumpels, erhole mich bei der Familie und kann richtig abschalten. Das ist mir mehr wert, als irgendwo am Strand Urlaub zu machen. Dann reizt mich New York ungemein. Diese Stadt ist absolut faszinierend und jedes Mal entdecke ich wieder mir bisher unbekannte Ecken. Eine Woche New York im Jahr muss eigentlich sein – schaffe ich nur nicht immer.“
Nun können Sie in der nächsten Zeit dann in der Heimat die eine oder andere Runde mit Freunden oder Kollegen spielen. Lassen Sie sich dabei auch zum Trash-Talk hinreißen, oder legen Sie auch abseits der Tour Wert auf Etikette?
Martin Kaymer: „Ich bin kein großer Trash-Talker. Aber klar, mit Freunden und Bekannten ist der Umgang natürlich ein anderer. Da stehen dann ja auch der Spaß und das Beisammensein im Vordergrund. Wenn überhaupt muss eher ich mir Sprüche anhören…aber da habe ich dann meist eine sportliche Antwort parat (lacht)“
Ansonsten sind Sie herzlich eingeladen, bei einem etwaigen Hamburg-Besuch eine Runde mit der sportal.de-Redaktion zu spielen.
Martin Kaymer: „Vielen Dank – wir werden sehen, ob sich die Möglichkeit ergibt.“
Das Interview führte Gunnar Beuth