Masters in Augusta: Die Expertenrunde

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Trotz aller berechtigter Kritik am konservativen Augusta National Golf Club, brennen wir natürlich auf das prestigeträchtigste Golfturnier des Jahres. Bereits seit Tagen ist das Masters auch in unserer Redaktion das beherrschende Thema.

An den am meisten diskutierten Fragen wollen wir Sie hier teilhaben lassen. Drei Redakteure geben ihre Prognosen zu drei verschiedenen Themen ab. Im Mittelpunkt natürlich: Martin Kaymer und der wiedererstarkte Tiger Woods.

Was ist Tiger Woods in diesem Jahr zuzutrauen?

Malte Asmus: Rechtzeitig vor dem Masters hat Woods nach zweieinhalbjähriger Pause wieder ein Golfturnier auf der PGA Tour gewonnen. Aber auch wenn das nicht der Fall gewesen wäre, wäre er für mich in Augusta ein Anwärter für die ganz vorderen Plätze gewesen. Er kennt den Platz aus dem Effeff, ist zwar seit 2005 hier sieglos, war aber nie schlechter als Platz sechs – sogar in einer Phase, als für ihn auf den Golfplätzen dieser Welt eigentlich nichts zusammen lief. Von daher kann ich mich den Buchmachern nur anschließen: All das zusammen genommen und seinen veränderten und auch verbesserten Schwung dazu genommen, ist er für mich der Topfavorit. Es sei denn, seine zuletzt schmerzende Achillessehne macht wieder Ärger.

Lars Ahrens: Na klar, der erste Sieg seit 2009 hat gereicht, um Woods wieder zum Topfavoriten zu machen. Und das völlig zu recht, denn wie mein Kollege Malte schon bemerkte, war Woods in Augusta immer gut, auch in Phasen, in denen ist nicht so lief. Nun reist er mit dem Sieg beim Arnold Palmer Invitational im Gepäck an und ich bin überzeugt davon, dass ihm das einen zusätzlichen Schub geben wird. Neben allen spielerischen Problemen in den letzten Jahren habe ich bei ihm vor allem seine einstige Aura vermisst. Dieses unerschütterliche Selbstbewusstsein, mit dem er in seinen besten Zeiten auf das Grün marschiert ist und die entscheidenden Putts gelocht hat. Dieser Glaube an die eigene Stärke war verloren gegangen und ich bin gespannt, ob er diesen nun wieder erlangt hat.

Daniel Raecke: Einfach behaupten, Woods werde nicht gewinnen, nur, weil das gegen den Trend spräche? Nein, das wäre zu billig. Einer der besten Golfer aller Zeiten ist gerade dabei, wieder zum besten Golfer seiner Zeit zu werden, und es gibt niemanden im Feld von Augusta, dem mehr zuzutrauen ist als Woods. Zudem verdichtet sich traditionell beim Masters der Favoritenkreis auf einige wenige Stars. Das Bauchgefühl aber sagt: Woods wird Zweiter.

Wo landet Martin Kaymer?

Malte Asmus: Viermal war Martin Kaymer bisher beim Masters dabei, den Cut hat er aber noch nie überlebt. Auch nicht, als er im letzten Jahr als Nummer eins der Welt nach Georgia gereist war. Genau das ist das Ziel für Kaymer, dafür hat er in diesem Jahr in der Vorbereitung mit dem Training auf einem privaten Platz in Arizona, der den Bedingungen in Augusta sehr ähnlich gewesen sein soll, alles getan. Von daher denke ich, dass es in diesem Jahr mit dem Cut klappen könnte und dann ein Platz unter den Top 30 sicher realistisch ist. Für ganz vorne wird es aber nicht reichen.

Lars Ahrens: Eine mäßige Saison und ein Turnier, bei dem er noch nie den Cut überstanden hat – Martin Kaymer zählt beim Masters „nur“ zu den Außenseitern. Aber was soll’s, das gilt schließlich für fast den kompletten Rest des Feldes auch. Das Schöne beim Golf ist, dass Prognosen nur selten zutreffen, die Leistungsdichte hoch ist und nahezu jeder Starter auch für den Sieg infrage kommt. Kaymer hat drei Wochen intensiv trainiert, seine Form lässt sich kaum einschätzen. Im Interview mit dem kicker betonte er, dass er nicht mehr versuchen wolle, sein Spiel dem Platz anzupassen, sondern sich mehr auf sein Gefühl verlassen will. Entscheidend wird jedoch sein, ob Kaymer auf den Grüns seine Sicherheit findet. Der Putter blieb in den letzten Monaten zu oft kalt, und so überrascht es nicht, dass er im Training mit einem anderen Modell experimentiert. Ich bin mir sicher, dass Kaymer in diesem Jahr das Wochenende in Augusta auf dem Platz erleben wird. Auf seinen Sieg würde ich nicht wetten, aber was heißt das schon…

Daniel Raecke: Im Fall von Martin Kaymer wollen die Kollegen lieber keine zu negative Prognose abgeben. Geschenkt: Natürlich kann Kaymer erstmals den Cut beim Masters schaffen. Aber nach der jüngsten Form und Kaymers Geschichte in Augusta zu urteilen, gibt es mindestens 20 Golfer, denen an diesem Wochenende mehr zuzutrauen ist als dem Deutschen. Meine Prognose: Es wird knapp mit dem Cut.

Welchen Spieler beobachten wir besonders aufmerksam?

Malte Asmus: Bei mir sind es zwei Spieler, auf die ich meinen persönlichen Fokus lege. Zum einen bin ich natürlich auf Rory McIlroy gespannt, wie er sich nach seinem epochalen Einbruch auf der Schlussrunde vor einem Jahr diesmal im Augusta National präsentieren wird. Dass er die 80 mental hervorragend hat verarbeiten können, bewies er ja mit seinem Sieg bei der US Open. Für ihn persönlich hoffe ich, dass er auch hier um den Sieg mitspielen kann. Genau wie übrigens auch Phil Mickelson, den ich seit wir vor einigen Jahren mal einen redaktionsinternen Golfmanager gespielt haben, als Starspieler „meines Teams“ mit besonderem Augenmerk verfolge und trotz der noch nicht so berauschenden Saison als zweimaligen Masters-Sieger in Augusta auch diesmal wieder mit oben auf dem Tippzettel habe.

Lars Ahrens: Bringt Rory McIlroy dieses Mal seine Mission zu Ende? Belohnt sich Luke Donald endlich mit einem Majorsieg für sein konstant gutes Spiel? Schaffen die einstigen Wunderkinder Adam Scott oder Sergio Garcia den ganz großen Durchbruch? Setzt Hunter Mahan seinen derzeitigen Lauf fort? Stoff für Geschichten gibt es genug, ich persönlich bin aber vor allem sehr gespannt auf den Auftritt eines Mannes, der bisher von sich behaupten kann, jedes Major gewonnen zu haben, bei dem er am Start war. Die Rede ist von Keegan Bradley, der im letzten Jahr in seiner Rookie-Saison auf der US Tour gleich die PGA Championship gewann. Er war erst der dritte Spieler der Geschichte, der bei seinem ersten Majorstart den Titel holte. Dass das kein Ausrutscher war, hat er längst nachgewiesen. Bradley spielt konstant auf einem hohen Niveau und hat in diesem Jahr bei seinen neun Starts immer einen Platz unter den Top-25 belegt. Letzte Woche wies er mit Platz vier bei der Houston Open seine gute Form nach. Erfahrung ist in Augusta zwar angeblich ein wichtiger Faktor, doch ich glaube, dass Bradley mit seiner Unbekümmertheit eine gute Rolle spielen wird.

Daniel Raecke: Die Form der letzten schon fast eineinhalb Jahre spricht für einen guten Auftritt von Bill Haas, wie ich glaube. Adam Scott wird allüberall als möglicher erster australischer Masters-Sieger gehandelt. Aus alter Ryder Cup-Verbundenheit werde ich aber zwei Europäern besonders die Daumen drücken. Neben Sergio Garcia, der sein längeres Tief überwunden zu haben scheint, für den aber angesichts seiner erratischen Performance-Tradition zwischen einem Kampf um den Titel und einem Aus am Freitag alles drin zu sein scheint, würde ich mich sehr für Justin Rose freuen, wenn seine große Konstanz (bei allen vier Majors schon einmal unter den Top Ten) auch mal mit einem Titel belohnt würde.

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