Matteo Manassero im Porträt

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Im Golfsport kündigt sich langsam ein kleiner Generationenwechsel an. Am Wochenende trumpften die jungen Rory McIlroy und Rory Ishikawa auf. Jetzt drängt bei den Italian Open ein weiterer Teenager in den Profizirkus – der gerade 17-jährige Matteo Manassero. Ein „phantasivoller Künstler mit dem Wagemut eines Base-Jumpers“, wie der Guardian schrieb. sportal.de stellt den Italiener vor.

Noch nicht einmal ein Jahr ist es her, dass sich Manassero wie in einem Traum vorkam: „Es war unglaublich. Tiger Woods war beim gleichen Turnier wie ich, hat aber viel schlechter gespielt.“ Doch es war kein Traum, sondern Realität. Der damals 16-jährige Italiener war ausgerechnet bei der British Open seinem Beinamen „Italienisches Wunderkind“ gerecht geworden und hatte sich als geteilter 13. eine eindrucksvolle Platzierung erspielt. Woods war dagegen nach zwei Runden am Cut gescheitert.

Als Amateur hatte Manassero damit bei einem Major erstmalig seine Visitenkarte abgegeben, auf der mittlerweile jede Menge Jugend- und Amateurrekorde gedruckt stehen. Noch nie hatte ein jüngerer Spieler die Weltrangliste der Amateure angeführt, zudem hatte er 2009 als jüngster Spieler aller Zeiten und erster Italiener die British Amateur Championship gewonnen. Dieser Sieg brachte ihm erst die Qualifikation für The Open ein, wo er am Ende die begehrte Silberplakette als bester Amateur gewann. Zuvor hatte er bereits bei den Italian Open die Top 20 erreicht.

Zweitjüngster European Tour-Profi aller Zeiten

Seine vorerst letzte Duftmarke in der Weltspitze setzte Manassero letzten Monat beim Masters in Augusta, wo er als jüngster Spieler aller Zeiten mit 16 Jahren, elf Monaten und 22 Tagen den Cut schaffte und am Ende geteilter 36. wurde, während etablierte Stars wie Martin Kaymer oder auch Jim Furyk den Cut verpassten. Dass er trotz der großartigen Platzierung am Ende kritische Worte zu seiner Leistung fand, spricht für den großen Ehrgeiz des Italieners. „Ich hatte keine gute Back Nine“, fasste er seine Runden selbstkritisch zusammen.

Euphorischer äußerten sich dagegen andere. „Er hat das Talent, der beste Golfer zu werden, den Italien jemals hervorgebracht hat“, zitierte die FAZ Landsmann Edoardo Molinari. Andere vergleichen ihn bereits mit Severiano Ballesteros. Der Spanier war bei seinem Profidebüt 1974 nur wenige Tage jünger als Manassero, der angestachelt von all diesen Erfolgen nun selbst vor wenigen Tagen den Sprung ins Profilager wagte und mit 17 Jahren und 17 Tagen bei den Italian Open erstmalig als Berufsgolfer abschlagen wird. Als zweitjüngster Spieler aller Zeiten der European Tour.

Ballesteros, der in seiner langen Karriere fünf Majors und 50 Turniere auf der European Tour gewinnen konnte, war zudem das große Vorbild des Italieners, seit dessen Eltern dem damals Dreijährigen zum ersten Mal einen Golfschläger in die Hand gedrückt hatten. Sofort war der Veroneser mit dem Golf-Virus infiziert. „Wenn man mich als Kind gefragt hatte, was ich einmal werden wolle, habe ich immer nichts gesagt“, erklärte er einst. „Doch ich habe immer gewusst, dass Golf später mein Beruf werden würde.“

Golfbegeisterung der Eltern steckte an

Doch zu diesem Ziel zu gelangen ist, in Italien schwerer als in manch anderem Land. „Man hat es nicht leicht, wenn man als Kind in Italien Golf spielen will“, erklärte Alberto Binaghi, Manasseros Caddie und Coach von Italiens Amateur-Nationalteam in Personalunion, am Rande des Masters auf einer Pressekonferenz . „Alle Golfkurse sind ziemlich weit weg von den Städten. Wir arbeiten immer noch daran, Golf als Schulsport zu etablieren.“

Zum Glück sind Manasseros Eltern von jeher leidenschaftliche Golfer gewesen. Sie unterstützten den Jungen, nahmen ihn im Heimatort Verona mit auf die Driving Range und später auch mit zu den Italian Open, wo er Idol Ballesteros persönlich traf. Das bestärkte ihn noch mehr in dem Wunsch, nicht wie so viele andere Jungs in seinem Alter von einer Karriere als Fußballer, sondern als Golfer zu träumen.

Im Fernsehen sah er sich am liebsten die Golf-Lehrcartoons von Italiens Legende Constantino Rocca an und ahmte die Schläge nach. Sehr erflgreich. Experten loben sein präzises Kurzspiel und seinen guten Schwung. „Ich habe wie alle italienische Jungen auch Fußball gespielt. Aber weil ich im Golf besser war, bin ich beim Golf geblieben“, zitierte die FAZ ihn. Seine fußballerischen Aktivitäten beschränkt Manassero heute auf das Fansein – er ist glühender Anhänger des AC Milan.

Großes Selbstvertrauen und klares Ziel

Doch allzuviel Zeit für Ausflüge ins Stadion bleibt ihm bald nicht mehr. Schließlich muss sich der Teenager neben fünf Trainingseinheiten pro Woche auch noch um seine Schule kümmern. Und der wird nach den Italian Open erstmal wieder Priorität eingeräumt. „Ich gehe danach zurück in die Schule, um das Schuljahr zu beenden“, kündigte er im Corriere della Sera an. Erst dann wird er versuchen bei sieben Turnieren, zu denen er in diesem Jahr bereits eingeladen wurde, seine Tourkarte für 2011 zu sichern. „Wenn ich das nicht schaffe, gehe ich in die Qualifying School“, hat er aber auch bereits einen Plan B in der Tasche.

Doch die Konzentration liegt für die nächsten zwei Jahr noch nicht einseitig auf Golf. , Auf jeden Fall will er seinen Schulabschluss machen, wenn auch hauptsächlich im Fernstudium. Eine reife Einstellung für einen 17-Jährigen, dem Landsmann Eduardo Molinari im Guardian bescheinigte, „ein netter Junge“ zu sein, der „unheimlich gut geerdet ist“. Sein Trainer attestierte ihm bereits die Reife eines 30-Jährigen. „Ihm steigt nichts zu Kopf“, glaubte Binaghi, dass Manassero trotz des großen Rummels um seine Person weiter mit beiden Beinen auf der Erde bleibt.

Beste Voraussetzungen also für das harte Leben auf der Profitour. Denn egal, ob sich jetzt zunächst schnelle Erfolge oder Misserfolge einstellen, der Druck auf Manassero wird in nächster Zeit immens sein. Bisher ist er mit seinem Glauben an die eigene Stärke sehr weit gekommen. Sein Selbstvertrauen ist riesig, auf einen Talisman kann er daher auch verzichten. „So etwas habe ich nicht, ich bin nicht abergläubisch“, erklärte er bei SKY und fügte an: „Glück hilft auf Dauer nur demjenigen, der sein Talent und seine persönlichen Fähigkeiten nutzt.“

In drei Jahren in Weltspitze etabliert?

Doch auch er wird im Laufe seiner Karriere noch enge Situationen zu bestehen haben. Ein wahrer Champion erweist sich immer erst dann, wenn es darum geht, auch Rückschläge zu verkraften. So wie Rory McIlroy, der vor einem Monat noch frustriert vom Masters nach Hause gefahren war, am Wochenende dann aber einen sensationellen Turniersieg feiern konnte. Einige hoffnungsvolle Talente sind daran in den letzten Jahrzehnten auf der Tour zerbrochen.

Doch nicht Manassero, davon zeigte sich dessen Vater Roberto am Rande des Masters überzeugt. „Sein Alter ist kein Problem. Er will dieses Leben leben, er ist bereit“, wurde er auf der Turnier-Homepage zitiert. Seine einzige Schwäche scheint momentan noch die fehlende Länge in seinen Abschlägen zu sein. „Aber er wird stärker. Gib ihm drei Jahre und er wird unter den besten der Tour zu finden sein“, sagte ihm Molinari im Guardian eine rosige Zukunft voraus.

Malte Asmus

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