McIlroy gewinnt die 111. US Open

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Drei Tage brillantes Golf hatten noch nicht gereicht, um den Masters-Einbruch aus den Köpfen der Öffentlichkeit zu vertreiben. Einzig Rory McIlroy schien die Geschichte nicht zu belasten. Nicht eine Sekunde wackelte er am Schlusstag und verwandelte die letzte Runde der US Open in einen Triumphzug zum ersten Majorsieg.

Er beerbt damit seinen Freund und Landsmann Graeme McDowell, der geteilter 14. wurde. Mit stehenden Ovationen und Sprechchören wurde Rory McIlroy auf der letzten Spielbahn für eine grandiose Vorstellung gefeiert. Nach dem letzten versenkten Putt umarmte er seinen Vater, den er am Vortag extra eingeflogen hatte. 

Nach einer 69er Schlussrunde erreichte er mit insgesamt 16 Schlägen unter Par das beste Ergebnis in der Geschichte der US Open. Die Tatsache, dass sich der Platz durch den vielen Regen wesentlich leichter spielte als vorher erwartet, schmälerte diese Leistung nicht, denn von den anderen Akteuren kam keiner auch nur annähernd in McIlroys Nähe.

Day schon wieder Zweiter

Den zweiten Platz belegte der Australier Jason Day mit einem Rückstand von acht Schlägen. Er war auch schon beim US Masters hinter Charl Schwartzel Zweiter. Der 23-Jährige gehört wie McIlroy zur neuen Generation von Golfern, die in den kommenden Jahren die Szene prägen werden. Day glänzte an den letzten beiden Tagen mit einer 65er und 68er Runde und spielte die letzten 46 Löcher ohne Bogey. 

Zwei weitere Schläge dahinter teilten sich die beiden Amerikaner Kevin Chappell und Robert Garrigus, Lee Westwood aus England sowie der Südkoreaner Y.E. Yang den dritten Platz (alle -6). Sergio Garcia aus Spanien feierte mit Rang sieben endlich wieder ein Erfolgserlebnis, er teilte sich diese Position mit dem Schweden Peter Hanson. 

Kaymer von McIlroy begeistert

In den letzten Tagen überschlugen sich die Rivalen bereits mit Komplimenten, so auch Martin Kaymer, der geteilter 39. wurde. „Die Art und Weise wie Rory Golf spielt, ist anders als bei den anderen. Es ist nahezu perfekt. Es ist großartig für ihn dieses Turnier so früh zu gewinnen. Er ist gerade 22 und das nach der Erfahrung beim Masters, wo jetzt alle auf ihn geschaut haben. Ich freue mich riesig für ihn und auch seine Familie. Er hat großartige Eltern und es ist toll, das zu erleben“, erklärte Kaymer bei majorschampionship.com.

Der Sieg von McIlroy ist auch eine historische Niederlage für die Amerikaner. Zum ersten Mal seit Bestehen der vier Majorturniere kommt kein einziger der letzten fünf Sieger aus den USA.

Geschichte wiederholt sich nicht

In Augusta hatte McIlroy vor gut zwei Monaten in kürzester Zeit einen Vorsprung von vier Schlägen hergegeben und den vermeintlich sicheren Sieg verpasst. Die Geschichte sollte sich nicht wiederholen. Denn der Nordire hatte im Congressional Country Club in Bethesda nicht nur acht Schläge Vorsprung, sondern auch die Erfahrung vom Masters im Gepäck.

„In Augusta war alles ein bisschen neu für mich, als Spitzenreiter auf die Schlussrunde zu gehen. Ich wusste nicht, ob ich defensiv oder offensiv spielen sollte. Aber nun weiß ich, was ich zu tun habe“, sagte McIlroy nach der dritte Runde. 

Selbstbewusst und kontrolliert

Am Schlusstag ließ er diesen Worten Taten folgen. Vom ersten Schlag an trat er unglaublich selbstbewusst und souverän auf, nicht ein Hauch von Nervosität war ihm anzumerken. Seinen ersten Abschlag platzierte er auf dem Fairway, der Annäherungsschlag landete gleich dicht an der Fahne. Mit stehendem Applaus und „Rory, Rory“-Sprechchören wurde er am ersten Grün empfangen. McIlroy dankte es den Fans mit einem versenkten Birdie-Putt.

Damit war die Richtung für die Runde früh vorgegeben. Fehler? Die machten seine Verfolger, wie Lee Westwood mit einem Bogey am ersten Par 5, Matt Kuchar mit einem frühen Doppelbogey, Fredrik Jacobson mit einem Vier-Putt an der Zwölf oder Y.E. Yang mit einigen verschobenen Birdie-Putts auf den ersten Löchern und einem Schlag ins Wasser an der Elf. McIlroy Probleme sahen anders aus, zwei schwächere Schläge ins Grün machte er auf der Zwei und Fünf mit grandiosen langen Putts zum Par wett. Ansonsten hatte er sein Spiel jederzeit voll unter Kontrolle.

Ein paar zu zögerlich gespielte Putts verhinderten mehr Birdies, doch die brauchte er gar nicht. Ein Schlaggewinn an der Vier und ein Beinahe-Ass an der Zehn hatten ihm bereits einen Vorsprung von phasenweise zehn Schlägen beschert. Da konnte er es sich leisten an der Zwölf sein vielleicht erstes wirklich schlechtes Loch bei diesem Turnier zu spielen.

Ein Drive in den Bunker, ein zu kurzer Schlag aus dem Sandhindernis und eine schwache Annäherung mündeten im ersten Bogey des Tages. Was soll’s, die Konkurrenz hatte selbst genug mit sich zu kämpfen, als das dieser Fehler eine Rolle gespielt hätte. McIlroy brachte seine Runde unspektakulär zu Ende und nahm völlig verdient seine erste Majortrophäe entgegen.

Eine Überraschung ist dieser Erfolg längst nicht mehr. Bei den vier letzten Majorturnieren spielte der Nordire um den Sieg mit. Zwei dritten Plätzen bei der British Open und der PGA Championship im letzten Jahr folgte das Drama in Augusta im April und nun das verdiente Happy End. 

Kaymer ohne Siegchance 

Einen Majorsieg durfte Martin Kaymer schon im letzten Jahr erleben, in Bethesda gab es für ihn nichts zu gewinnen. Zum Abschluss spielte die Nummer drei der Welt eine 71 und belegte damit schließlich den 39. Platz. Vor allem sein langes Spiel war an den vier Tagen nicht gut genug, um ganz vorne mitzuspielen. 

„Ich werde in den nächsten Tagen bis zum Start bei der BMW International Open in München mit meinem Trainer Günter Kessler weiter am Schwung arbeiten“, meinte Kaymer. 

Siem freut sich über die Erfahrung

Marcel Siem beendete seine erste US Open nach einer 73er Runde als 60. „Diese Erfahrung gibt mir Selbstvertrauen. Nach dem Kraftakt zur 66 war ich richtig platt. Das hat mich viele verfehlte Putts gekostet. Aber ich habe dafür meinen kurzfristig verlorenen Schwung heute wiedergefunden. Das werde ich als positiven Aspekt in Erinnerung halten“, erzählte Siem im TV-Interview bei Sky.

„Immerhin habe ich bei meiner ersten US Open gleich den Cut geschafft. Das haben vor mir nicht viele Deutsche geschafft.“ Recht hatte Siem: Nur Golf-Legende Bernhard Langer, Alex Cejka und Kaymer hatten bisher die Ehre.

Lars Ahrens

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