Rückblick auf die Golf-Saison 2010

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Jim Furyk investierte 39 US-Dollar in einen gebrauchten Putter und kassierte damit an einem Wochenende 11,35 Millionen Dollar. Diese und weitere Randgeschichten gibt es im Jahresrückblick von sportal.de.

Schnäppchenjäger des Jahres
Was tun, wenn die Putts einfach nicht fallen wollen? Richtig, einfach einen neuen Putter ausprobieren. Das dachte sich auch Jim Furyk nach der dritten Runde der Deutsche Bank Championship, dem zweiten Turnier der FedEx Cup-Playoffs. Der Amerikaner marschierte in den nahen Joe and Leigh’s Discount Pro Golf Shop, der zum Pine Oakes Golf Course gehört, und wühlte sich durch das große Angebot an gebrauchten Schlägern. Er entschied sich für das Modell Yes! Sophia.

„Er war mit 69 Dollar ausgezeichnet, aber Ryder Cup-Spielern geben wir einen Preisnachlass“, merkte Mark Petrucci, der als Club Pro dort arbeitet, scherzhaft bei golfweek.com an. Nach einem Bericht des Boston Globe gehörte der Schläger vorher übrigens dem Cartoonisten und zweifachen Pulitzer Preis-Gewinner Paul Szep.

Furyk fand schnell Gefallen an seinem neuen/alten 39 Dollar-Putter und tauchte damit beim Finalturnier um den FedEx Cup, der The Tour Championship, auf. Mit dem letzten Schlag, einem Putt aus ca. 80 Zentimetern, gewann er das Turnier und damit 1,35 Millionen Dollar Preisgeld plus den Jackpot in Höhe von zehn Millionen Dollar.

Schlafmütze des Jahres
Vier Wochen voher musste sich Jim Furyk noch Hohn und Spott gefallen lassen, als er vom The Barclays, dem ersten Playoff-Turnier des FedEx-Cups, ausgeschlossen worden war. Der Akku seines Handys, das er als Wecker zu benutzen pflegte, hatte in der Nacht schlapp gemacht. Er verschlief seine Abschlagzeit für das obligatorische Pro/Am am Tag vor dem offiziellen Turnierstart. Das Pro/Am ist eine Pflichtveranstaltung für alle Teilnehmer und den Regeln entsprechend wurde Furyk vom The Barclays ausgeschlossen.  

Der Schlag des Jahres
Drei Spieler, ein Stechen, viertes Extra-Loch – es ist so dunkel, dass die Spieler die Fahne kaum sehen können: 204 Yards ist das Loch entfernt und Jonathan Byrd schreitet zur Tat. Er holt aus, schlägt und sieht seinen Ball verschwinden. „Ist der drin?“, fragte er ungläubig. Ja, war er, herzlichen Glückwunsch zum Schlag des Jahres!

Cameron Percy und Martin Laird durften zwar auch noch antreten, beide vermochten Byrds Kunstschlag allerdings nicht zu wiederholen. Es war das grandiose Ende bei der Justin Timberlake Shriners Hospitals for Children Open in Las Vegas. Für seinen vierten Sieg auf der US Tour kassierte Byrd ein Preisgeld in Höhe von 774.000 Dollar.

Fairplay-Geste des Jahres
Brian Davis hat noch nie ein Turnier auf der US Tour gewonnen. Beim Verizon Heritage war er ganz nahe dran. Im Stechen spielte er mit Jim Furyk um den Sieg. Doch der Engländer zog das Fairplay vor und beraubte sich so aller Chancen. Davis hatte den Ball aus schwieriger Lage sicher auf das Grün gebracht.

Nach dem Schlag rief er nach Turnierdirektor Slugger White und berichtete ihm, dass er beim Rückschwung einen losen Reethalm gestreift hatte – eine Regelverletzung, die eine Zwei-Schlag-Strafe nach sich zieht. White und die Offiziellen gingen der Selbstanzeige nach, prüften die TV-Bilder und bestätigten den Verstoß gegen Regel 13-4, die das Berühren, bzw. Bewegen eines „losen hinderlichen Naturstoffs“ untersagt. Erst in Zeitlupe war das Vergehen zu erkennen gewesen. „Er hat Klasse, ganz große Klasse“, lobte White.

Wunderkind I des Jahres
Er ist inzwischen 19 Jahre alt und mischt seit über drei Jahren die Szene auf: Ryo Ishikawa. Mit 15 verließ er bei seinem ersten Start auf der Japan Golf Tour gleich als Sieger den Platz. 2008 wurde er Profi, 2009 gehörte er zu den Top 50. Das hatte in seinem Alter noch keiner vor ihm geschafft, auch Tiger Woods nicht.

2009 gewann er auf der Japan Tour vier Turniere und war die Nummer eins der Geldrangliste. 2010 gelang ihm nun ein Rekord für die Ewigkeit. Als erster Spieler der Geschichte spielte er auf einer Major-Tour eine 58er Runde. Zwölf Birdies notierte er am Schlusstag des The Crowns auf seiner Scorekarte und natürlich gewann er damit auch das zur Japan Tour zählende Turnier.

Auf der US Tour hielten Al Geiberger (1977), Chip Beck (1991) und David Duval (1999) mit jeweils 59 Schlägen den Rekord, zumindest bis zu diesem Jahr. Denn in dieser Saison gesellten sich mit Paul Goydos und Stuart Appleby zwei weitere Spieler zu diesem illustren Kreis. Auf der European Tour haben mehrere Spieler bereits eine 60 geschafft (u.a. Ian Poulter in dieser Saison), darunter blieb bisher noch niemand.

Wunderkind II des Jahres
Japan hat Ryo Ishikawa, Italien hat Matteo Manassero. Im April wurde er 17 Jahre alt, Anfang Mai wechselte er ins Profilager und fünf Monate später musste die European Tour ihre Rekordbücher umschreiben. Beim Castello Masters in Valencia gewann Manassero als jüngster Spieler aller Zeiten ein Turnier auf der großen Tour.

Eine Sensation ist dieser Erfolg längst nicht mehr, den Beinamen „Italienisches Wunderkind“ trägt Manassero schon länger. Als jüngster Spieler der Geschichte war er die Nummer eins der Welt bei den Amateuren, er gewann als erster Italiener die British Amateur Championship und begeisterte die Experten im vergangenen Jahr mit gerade einmal 16 Jahren bei der Open Championship. Er wurde geteilter 13.

Distanzschütze des Jahres
Acht Jahre hatte Rocco Mediate kein Turnier gewonnen, bis er als Spitzenreiter bei der Frys.com Open auf die letzte Runde ging. Er spielte fünf Bogeys auf den ersten zwölf Löchern, die Führung war futsch und damit auch der Traum von der Spielberechtigung auf der US Tour. Die hatte er im letzten Jahr verloren. Auf Bahn 17 änderte sich mit einem Schlag alles. Aus 116 Yards lochte er den Ball zum Eagle ein.

Es war der Abschluss einer unglaublichen Serie von Mediate. Am ersten Tag hatte er ein Hole-in-One auf einem 230 Yards langen Par 3 gespielt, am zweiten Tag folgte ein Eagle aus 160 Yards, in Runde drei gelang ihm ein Eagle aus 111 Yards und am Finaltag nun der Sieg bringende Schlag an der 17. Seine Belohnung: Rund 900.000 Dollar Preisgeld und die Spielberechtigung für die nächsten zwei Jahre.

Finish des Jahres
Tatort Gleneagles am 29. August 2010. Die Schlussrunde des Johnnie Walker Championship lief. Mit dem Turnier endete auch die Qualifikationsphase für den Ryder Cup, für den Europas Kapitän Colin Montgomerie seinen Kader nominierte und die drei Wildcards verteilte. Ein Kandidat war Edoardo Molinari. Der Italiener war ein Newcomer, der zwölf Monate zuvor noch auf der Challenge Tour spielte, seither drei Turniere gewann und sich in der Weltrangliste um hunderte Plätze verbessert hatte.

In Schottland sollte Sieg Nummer vier dazu kommen. Mit drei Birdies auf den letzten drei Löchern schob er sich an die Spitze. „So ein Finish habe ich in meiner Zeit auf der European Tour, und das sind 24 Jahre, noch nicht gesehen. Und das noch unter dem Druck, unbedingt gewinnen zu müssen. Solche Spieler braucht man, um den Ryder Cup zu gewinnen“, schwärmte Monty auf der Homepage der European Tour und nominierte den Italiener.

Der Fehler des Jahres
An die PGA Championship 2010 wird Dustin Johnson wohl den Rest seines Lebens denken müssen. Das Major wurde im Whistling Straits Golf-Club in Kohler/USA ausgetragen. Besonderes Merkmal: Der Kurs ist übersät mit Bunkern. Vor dem Turnier wurde das Regelwerk an die Spieler verteilt, in dem extra steht, dass alle Sandflächen als Bunker zu betrachten sind. Aber wer liest das schon?

Johnson hätte es besser getan, denn auf der Schlussrunde schritt er als Führender auf die letzte Spielbahn. Der Abschlag landete abseits des Fairways in der Menschenmenge auf einer sandigen Stelle, von den Zuschauern platt getreten. Ein Bunker sieht anders aus, aber das Regelwerk ist eindeutig. Der Amerikaner setzte seinen Schläger vor dem Schlag unbewusst auf dem Boden auf. Das ist in einem Bunker verboten. Bewusst war das in diesem Moment niemandem. Johnson spielte weiter und kam als geteilter Führender ins Clubhaus.

Plötzlich trat ein Platzmarschall auf die Bühne und das Unheil nahm seinen Lauf. Johnson bekam nach langen Diskussionen eine Strafe von zwei Schlägen angerechnet. Johnson war raus und im Stechen blieben nur noch Martin Kaymer und Bubba Watson übrig. Der Deutsche feierte schließlich seinen ersten Major-Sieg. Bei der US Open ging Johnson wenige Wochen zuvor übrigens ebenfalls als Führender auf die Schlussrunde und brachte sich mit einer 82 um den möglichen Triumph.

Fauxpas des Jahres
Die Dubai World Championship bildete das große Finale der European Tour und das Turnier steuerte einem würdigen Saisonabschluss entgegen. Robert Karlsson und Ian Poulter lagen nach vier Runden gleichauf und ermittelten in einem Stechen den Sieger. Am ersten Extra-Loch fiel keine Entscheidung, also ging es zurück zum Abschlag der 18. Spielbahn. Beide Spieler kamen auf dem Par-5 mit dem dritten Schlag auf das Grün, wobei Karlsson wesentlich dichter an der Fahne lag.

Poulter musste also zuerst Putten und schickte sich an, den Ball auf dem Grün zu platzieren. Dabei glitt ihm der Ball aus den Fingern und fiel herunter. Damit nicht genug, er landete genau auf Poulters Ballmarker, der dadurch bewegt wurde. Poulter war gleich klar, was das bedeutete. Der zuständige Schiedsrichter ahndete den Regelverstoß mit einem Strafschlag. Der folgende Putt geriet dann auch noch zu kurz und damit war der Weg zum Sieg für Karlsson endgültig frei.

Absteiger des Jahres
Er galt einst als legitimer Nachfolger von Tiger Woods, doch diesem Anspruch wurde Sergio Garcia nie gerecht. Nach zahlreichen Erfolgen zu Beginn seiner Karriere, stagnierte er lange Zeit, ehe es in den letzten zwei Jahren stetig bergab ging. 2010 war sicherlich eine der größten Enttäuschungen in seiner Karriere. El Nino erreichte gerade einmal zwei Top-10-Platzierungen.

Nachdem die Verunsicherung immer größer geworden war, verordnete er sich eine Auszeit. Er verzichtete auf eine Ryder Cup-Teilnahme, die aufgrund der schwachen Resultate sowieso unwahrscheinlich war, und bat lediglich darum, als Vize-Kapitän dabei sein zu dürfen. Inzwischen ist er wieder auf die Tour zurückgekehrt, doch seine alte Form hat er noch nicht wiedergefunden. Platz 21 bei der Dubai World Championship und Rang zehn in Valderrama waren immerhin kleine Achtungserfolge. Ihn abzuschreiben, wäre aber sicherlich ein Fehler, denn Sergio Garcia ist gerade einmal 30 Jahre alt und wird 2011 einen neuen Anlauf nehmen.

Aufsteiger des Jahres
Wo ein Absteiger ist, da muss es auch einen Aufsteiger geben. Das gibt uns die Möglichkeit, Martin Kaymer in diesen Rückblick aufzunehmen, auch wenn seine Erfolge alles andere als eine Randgeschichte sind. Doch wer in einem Jahr nahezu alle Ziele erreicht, die er sich für seine Karriere vorgenommen hat, der darf in keinem Rückblick unerwähnt bleiben.

Vier Turniersiege, davon drei in Serie, ein Major-Titel, der Ryder Cup-Triumph und die Nummer eins im Race to Dubai, sind eine unfassbare Ausbeute für den 25-Jährigen. Kaymer hat sich in kürzester Zeit zu einem absoluten Superstar gemausert, auch wenn das in Deutschland vielleicht noch nicht jeder mitbekommen hat. Doch auch das wird sich bestimmt noch ändern.

Lars Ahrens

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