Ryder Cup-Debütant Martin Kaymer im Porträt

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Martin Kaymer ist zwar erst seit vier Jahren auf den Profitouren der Welt unterwegs, hat aber in dieser kurzen Zeit bereits Erfolge eingefahren, von denen deutlich ältere und teilweise seit Jahren in der Weltspitze etablierte Kollegen nur träumen können. sportal.de stellt Deutschlands Golfstar vor, der mit seiner Ryder Cup-Teilnahme den nächsten großen Karriere-Schritt vollzieht.

Es war die Stunde seines größten Sieges, soeben hatte sich Martin Kaymer im Stechen am dritten Extraloch bei der PGA Championship den ersten Major-Titel seiner Karriere gesichert und doch blieb er äußerlich völlig ruhig. Der Deutsche hatte nur kurz die Mütze gezogen, die Arme gehoben und dann mit einem Lächeln die Ovationen der Fans und Gratulationen der Kontrahenten entgegengenommen. „Ich bin halt nicht der Typ, der auf dem Grün ausrastet“, erklärte er im Interview mit der Berliner Morgenpost.

Und er ist auch nicht der Typ, der sich auf gewonnenen Lorbeeren ausruht. Immer wieder strebt er nach Höherem. „Es ist schon komisch, ich habe mit diesem Major einen der größten Titel gewonnen, den man in meinem Beruf erreichen kann. Aber richtige Zufriedenheit?“, äußerte er kürzlich, noch lange nicht am Ziel zu sein. Diese Einstellung begleitet ihn schon sein ganzes Leben. Auch als ihm 2006 ganz am Anfang seiner Karriere auf der EPD-Tour eine sensationelle 59er-Runde gelungen war, verlor er nicht die Bodenhaftung.

„Das Wichtigste ist, dass man auf dem Boden bleibt. Die 59 war sicherlich einmalig, das wird mir in meinem Leben wahrscheinlich nicht mehr gelingen. Aber ich habe mich noch viel mehr über die 62er-Runde am nächsten Tag gefreut. Denn eine Superrunde kann jedem einmal gelingen, aber gleich noch eine gute Runde nachzulegen, das schaffen nur ganz wenige“, hatte Kaymer damals abgeklärt in der FAZ erklärt.

Seine Karriere: Ein stetiges Bergauf

Die Gefahr abzuheben, besteht beim 25-Jährigen daher trotz aller Erfolge nicht. Kaymer ist eben geerdet. Zum einen durch seine Familie, die ihn einst zum Golf brachte und den nötigen Rückhalt bietet. Vater, Bruder und Freundin begleiten ihn regelmäßig auf seinen Turnierreisen. „Am wichtigsten sind mir meine Familie und meine Freunde. Um sportlichen Erfolg zu haben, muss man den Kopf frei haben und sich gut fühlen“, erläuterte er der Golfrevue. Zum anderen ist da noch sein Management, das ihn aus Journalistensicht vielleicht manchmal ein bisschen zu sehr abschottet und Interviewfragen gerne abblockt, um ihrem Schützling die Konzentration auf das Wesentliche zu ermöglichen.

Denn Kaymer will schließlich nicht mit Worten, sondern mit Taten glänzen. Und das hat er in berauschender Geschwindigkeit bisher auch getan, seit er sich als Jugendlicher gegen eine ebenfalls mögliche Karriere als Fußballer und für den Golfsport entschieden hatte. Nach erfolgreicher Amateurlaufbahn war er 2005 ins Profilager gewechselt. Auf der EPD Tour hatte er zunächst mit fünf Siegen die Geldrangliste für sich entschieden, dann erspielte er sich mit nur acht Starts auf der Challenge Tour die Spielberechtigung für die European Tour, wo er sich dank starker Platzierungen 2007 den Sir Henry Cotton Rookie of the Year Award als bester Neuling sicherte.

2008 gelang ihm in Abu Dhabi dann sein erster Toursieg, dem er einen weiteren in München bei der BMW International Open folgen ließ. 2009 schaffte er nicht nur mit dem geteilten sechsten Platz bei der PGA Championship seine beste Major-Platzierung bis dato, sondern gewann innerhalb einer Woche die Open de France und die Barclays Scottish Open und erlangte die Führung in der Race To Dubai-Wertung. Gestoppt wurde er nur durch einen Mittelfußbruch, den er sich beim Kart-Fahren zugezogen hatte. Nach zweimonatiger Zwangspause musste er sich letztlich mit Platz drei in der Rangliste begnügen – ein lediglich kleiner Rückschlag im ansonsten stetigen Aufstieg.

Was Kaymer hat und Monty fehlt

2010 gewann er zunächst erneut in Abu Dhabi, erlebte aber beim Masters in Augusta eine bittere Enttäuschung, als er zum dritten Mal in Serie am Cut scheiterte. Doch seine frühere Scheu vor den Majors legte er danach ab. „In der Vergangenheit hatte ich immer ein bisschen Angst vor den Majors“, hatte er Sports Illustrated erklärt. „Möglicherweise habe ich immer gedacht, dass ich da gar nicht hingehöre und viel zu defensiv gespielt.“

Doch der geteilte achte Platz bei den US Open und der geteilte siebte bei der British Open brachten ihm das nötige Selbstvertrauen, um die PGA Championship im Stechen für sich zu entscheiden. Damit vollzog er den nächsten wichtigen Karrierschritt und verabschiedete sich von der „Golfhoffnung“ in den elitären Kreis der Major-Sieger. Damit hat er in jungen Jahren so manch altem Hasen einiges voraus. Lee Westwood versucht sich seit Jahren vergeblich daran, ein Major gewinnen. Und auch Ryder Cup-Kapitän Colin Montgomerie gewann in seiner Karriere so einiges, dieser Triumph blieb ihm jedoch immer verwehrt. Kaymer ist der erste Deutsche seit Bernhard Langer dem das gelang.

„Ich freue mich riesig über seinen Sieg“, lobte der Altmeister seinen Nachfolger laut Augsburger Allgemeine. „Er hat vier lange Tage die Kraft gehabt, alles zu bündeln, um sich auch noch im Stechen durchzusetzen. Er hat vor allem Stressresistenz bewiesen und ist selbst mit 25 Jahren schon reif im Kopf für den Sieg in so einem schweren Turnier.“

Ryder Cup und dann…

Stressresistenz ist es auch, die Kaymer für seinen ersten Ryder Cup an erster Stelle benötigen wird. Denn der Kontinentalvergleich ist mit einem normalen Golfturnier nicht zu vergleichen. Zum einen gleicht die Atmosphäre oftmals eher einem Fußballspiel. Die Teams werden von den Fans frenetisch angefeuert und stürmisch bejubelt. Zum anderen stellt das Matchplayformat ganz andere Anforderungen an die Nerven der Spieler. Und außerdem ist der Ryder Cup ein Teamwettkampf, wo der einzelne für den Erfolg auf seine Mitspieler angewiesen ist.

Und das ist etwas, was Kaymer eigentlich nicht so besonders schätzt. Schließlich hatte er laut SPIEGELonline einst genau deshalb seine Fußball- gegen die Golfschuhe getauscht. „Im Golf muss ich nicht alles mit meinen Mitspielern und dem Trainer diskutieren, da redet mir keiner rein“, wird Kaymer zitiert. Doch der Ryder Cup ist in dieser Beziehung anders und doch hat er eine große Bedeutung für Kaymer. „Ich bin stolz, der zweite Deutsche zu sein, der beim Ryder Cup dabei sein darf; und auch stolz, für Europa und Deutschland zu spielen“, zitierte ihn die Deutsche Welle.

Doch nur dabei sein ist eben nicht alles für einen Martin Kaymer, denn schließlich steht er auf dem Standpunkt: „Als Sportler sollte man immer Hunger auf Titel haben.“ Von daher wird auch im Falle eines Sieges mit der europäischen Mannschaft die innere Zufriedenheit bei Kaymer noch lange nicht erreicht werden. „Mehr Majors und einige Ryder Cups“, hatte er bereits nach der PGA Championship-Triumph als längerfristige Ziele ausgegeben und als mögliches Nahziel den Sieg im Race To Dubai angepeilt.

Doch überstürzen will er dabei nichts. „Wir machen alles wie beim Aufbau seiner Karriere immer Schritt für Schritt“, erklärte Manager Johan Elliot. Der nächste Schritt ist derweil aber schon gemacht. Kaymer wird in Zukunft seinen Turnier-Schwerpunkt mehr auf die US Tour legen, einen Zweitwohnsitz besitzt er bereits in den USA. Irgendwann wird sich so sicher auch das ganz große Ziel erfüllen: Die Spitze der Weltrangliste. Dann sollte doch auch die maximale Zufriedenheit erreicht sein. Und es wäre die beste Gelegenheit, mal richtig auszurasten.

Malte Asmus

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