The Open: Ein ganz besonderes Turnier

Vom 14. bis 17. Juli findet The Open Championship, das älteste und prestigeträchtigste Golfturnier der Welt statt. Sogar die Amerikaner, die sonst wenig für europäisches Golf übrig haben, sprechen ehrfürchtig von diesem Event.
Ein wirklich großer Golfer muss einmal in seiner Karriere The Open gewonnen haben, ansonsten ist er kein großer Golfer, heißt es gemeinhin. sportal.de ist in die Historie eingetaucht und stellt das besondere Flair dieses Turniers vor.
Tradition wohin man blickt
1856 kamen Mitglieder des Prestwick Golf Club in Schottland auf die Idee, eine jährliche offene Meisterschaft auf wechselnden Kursen auszutragen. Vier Jahre später wurde das erste derartige Turnier organisiert. 36 Löcher wurden an einem Tag absolviert, acht Spieler nahmen Teil. Ein Jahr später starteten dann auch erstmals zwei Amateure. Modus und Teilnehmerzahl veränderten sich in den Folgejahren mehrfach.
Doch geblieben sind einige Konstanten: Zum einen wird auf so genannten Linksplätzen gespielt. So bezeichnet man Kurse in der Dünenlandschaft, die Meer und Ackerland miteinander verbindet. Hier waren früher auch die ersten Golfplätze angesiedelt, da die Areale als unbrauchbar angesehen worden waren. Daraus resultieren harte Spielbedingungen mit tiefem Dünengras neben den Fairways. Wind und Salz machen den Platz sehr hart, die Bunker sind klein und tief und sorgen für einen kniffligen Parcours.
Zum anderen wechselt der Austragungsort Jahr um Jahr mittlerweile zwischen insgesamt neun Golfclubs. 2008 wurde im Royal Birkhead Golfclub im englischen Southport gespielt, 2009 ging es nach Turnberry, 2010 nach St. Andrews, in diesem Jahr wird das Event im Royal St. George’s Golf Club in Kent an der englischen Ostküste ausgetragen.
Geändert hat sich auch nicht, dass Amateure und Profis teilnehmen können, insofern sie sich qualifizieren können. Dazu werden extra Qualifikationsturniere abgehalten – international sowie national, aus denen sich neben den Top 50 der Weltrangliste nach einem Schlüssel das Starterfeld zusammensetzt. Während die Amateure um die Silver Medal kämpfen, richtet sich das Interesse der Profis auf den Heiligen Gral des Golfsports – den Siegerpokal oder auch…
The Claret Jug
Zunächst bekam der Gewinner den Champion’s Belt, einen Gürtel aus marokkanischem Leder mit silberner Schnalle, überreicht. Preisgeld wurde erst 1863 eingeführt. 50 Pfund wurden unter dem zweit-, dritt- und viertplatzierten aufgeteilt. Der Sieger bekam lediglich für ein Jahr den Gürtel mit nach Hause. 1864 änderte sich dann das Prozedere – Tom Morris Senior wurde zum ersten Sieger, der immerhin sechs Pfund Preisgeld kassierte. Er stellte 1867 auch den Altersrekord auf, als er mit 46 Jahren der älteste Sieger aller Zeiten wurde.
Sein Sohn Tom Morris Junior hält seit dem Folgejahr den Rekord für den jüngsten Sieger (17 Jahre) und beendete 1870 die Zeit des Champion’s Belt. Dreimal hatte er The Open zwischen1868 und 1870 gewonnen und durfte ihn daraufhin behalten. Im Folgejahr fand keine Austragung des Turniers statt und so musste 1872 eine neue Trophäe gestiftet werden – The Golf Champion Trophy besser bekannt als The Claret Jug. Da das Turnier aber sehr kurzfristig organisiert worden war, wurde der Pokal nicht rechtzeitig fertig und so konnte er erst im Folgejahr erstmals überreicht werden.
Während die Originaltrophäe seit 1928 im Clubhaus des Royal and Ancient Golf Club of St Andrews ausgestellt ist, wird seitdem eine Nachbildung des Originals verliehen. The Claret Jug ist im Sport zu einem mindestens genauso stehenden Begriff wie das Grüne Sakko oder der Stanley Cup geworden. Der wunderschöne Pokal mit dem Henkel in Form eines Bassschlüssels wurde so gefertigt, dass in ihn exakt der Inhalt einer Flasche Wein passt. Daher auch sein Name – Claret Jug, zu deutsch: Rotweinglas.
Der vielfach missbrauchte Pokal
Die Trophäe blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Denn die vergangenen 80 Jahren haben auf dem Pokal ihre Spuren hinterlassen. Schließlich ist es dem Sieger überlassen, wo er den Jug aufbewahrt und wie er mit ihm feiert – er muss nur rechtzeitig zur folgenden Austragung der British Open zurück gebracht werden. Und einige Sieger ließen es mit dem Pott richtig krachen und füllten ihn nicht nur mit Wein. Bier, Schampus, Cola, ja sogar ordinärer Eistee wurde aus ihm getrunken.
Ben Curtis, der ihn 2003 mit in die USA nehmen konnte, erinnerte sich, dass er auf dem Cleveland Hopkins International Airport mit dem Pokal und einigen Fluggästen ausgiebig gefeiert hatte. „Ich glaube die erste Woche danach war ich nur betrunken“, grinste er und berichtete: „Wir haben alles – von Wasser über Cola bis zu Bier eingefüllt. Allerdings haben wir nichts zu verrücktes angestellt. Ich habe ihn dann in meinem Haus über den Fernseher gestellt, so dass ich ihn mir immer ansehen konnte.“
Auch Tiger Woods drapierte den Claret Jug auf einem Regal in seinem Haus. Nahm ihn aber zu besonderen Anlässen herunter und füllte ihn mit den unterschiedlichsten Getränken. „Um ehrlich zu sein, der Verbrauch war sehr hoch. Ich kann mich so richtig nicht mehr dran erinnern“, meinte der Tiger.
So ruhig hatte es der Claret Jug bei Todd Hamilton (Sieger 2004) nicht. Er ging mit ihm regelrecht auf Tour, hatte ihn ständig im Kofferraum seines Wagens dabei und nutzte ihn sogar als Rabattmarke. Ein Restaurantbesitzer aus Dallas erließ ihm 500 Dollar seiner Rechnung, wenn er den Pokal mitbringen würde. Hamilton ließ es sich nicht zweimal sagen und sich an seinem Tisch dann teuren Champagner aus dem Silberbecher schmecken.
Immerhin stilvoller als Justin Leonard (Sieger 1997), der an heißen Sommertagen den selbst gemachten Eistee seiner Mutter einfüllte. Während die Spuren des klebrigen Getränks restlos beseitigt werden konnten, hinterließ Tom Watson (Sieger 1975, 77, 80, 82, 83) versehentlich eine Delle am Henkel des Claret Jug. „Seitdem ist der Griff etwas schief“, erklärte Hamilton.
Schwerstarbeit für Graveure
Doch das macht die Trophäe noch besonderer. Und jeder Golfer ist heiß darauf, sich einmal in seinem Leben auf ihr verewigen zu können und die Graveure vielleicht vor eine ähnlich schwere Aufgabe zu stellen, wie Mark Calcavecchia, der 1989 The Open gewinnen konnte und dessen größte Sorge vor der Pokalübergabe war: „Wie um alles in der Welt soll mein Name auf dieses Ding passen?“
Doch die erfahrene Graveurs-Crew hat bisher immer einen Weg gefunden. 25 Spieler haben das Turnier mehr als einmal bisher gewinnen können. Harry Vardon ist mit sechs Siegen der unangefochtene Rekordgewinner. Tiger Woods holte den Claret Jug bereits dreimal, fiel im letzten Jahr wegen seiner Verletzungspause aus und könnte in diesem jahr wieder angreifen.
Favoriten auf den Sieg 2009 gibt es viele. Doch immer wieder kommt es zu überraschenden Ereignissen. Wie 2008, als plötzlich Oldie Greg Norman auf dem dritten Platz landete oder 2009, als Altmeister Tom Watson fast für eine Sensation gesorgt hätte.
Auf einen Topfavoriten festlegen kann man sich deshalb noch nicht – auch die Graveure nicht – die werden aber, sobald der Sieger feststeht, mit ihrer Arbeit beginnen, um rechtzeitig zur Siegerehrung am Sonntag einen neuen Sieger auf dem Cup verewigt zu haben.
Malte Asmus