US Open: Rory McIlroy einsam an der Spitze

18 Löcher muss Rory McIlroy bei der US Open noch überstehen, doch nach seinem abermals grandiosen Auftritt zweifelt niemand mehr an seinem ersten Majorsieg. Er spielte clever, er spielte brillant und am Ende stand eine 68 auf seiner Scorekarte. Verfolger? Die gibt es bei acht Schlägen Vorsprung eigentlich nicht mehr.
Sein Gesamtergebnis von 14 unter Par ist das niedrigste, das es jemals bei einer US Open gegeben hat. Die guten Bedingungen im Congressional Country Club in Bethesda machten viele gute Ergebnisse möglich und so katapultierten sich Lee Westwood und Jason Day mit 65er Runden auf den dritten Rang, den sie sich mit Robert Garrigus teilen.
Auch Fredrik Jacobson spielte sich mit einer 66 weit nach vorne. Einzig Y.E. Yang, der als alleiniger Zweiter auf die Runde gegangen war, konnte mit diesen Ergebnissen nicht mithalten. Seine 70 reichte zwar, um seine Position zu verteidigen, auf McIlroy verlor er aber weitere zwei Schläge.
McDowell gerät ins Schwärmen
Doch all diese Akteure spielen bisher als Statisten ein eigenes Turnier um den zweiten Platz. Den Sieg macht Rory McIlroy alleine mit sich aus. Wie beim Masters, als der Nordire in kürzester Zeit vier Schläge Vorsprung einbüßte, kann er sich nur noch selbst schlagen. Doch das ist nach seinem bisherigen Auftritt kaum vorstellbar.
Sein Freund, Landsmann und Titelverteidiger bei der US Open, Graeme McDowell, geriet förmlich ins Schwärmen. „Wenn Rory da draußen ist, sieht das alles so einfach aus. Es ist phänomenal. Es gehen einem die Superlative aus um zu beschreiben, was er diese Woche hier macht“, so G-Mac bei majorschampionship.com.
Sein Programm für den morgigen Schlusstag steht ebenfalls schon fest. „Wenn ich Loch 18 hinter mir habe, dann hole ich mir ein kaltes Bier und schaue zu, wie der kleine Mann das zu Ende bringt.“ Die letzten 18 Löcher muss McIlroy mit Y. E. Yang absolvieren.
Brillant, clever und nervenstark
Wie brillant er spielen kann, hat der 22-Jährige schon häufig bewiesen, heute zeigte er, dass er auch clever und nervenstark agieren kann. Das musste er auch, denn die dritte Runde ging ihm nicht so leicht von der Hand wie die ersten beiden. Gerade am Anfang und Ende seiner Runde fehlte noch die Präzision und Leichtigkeit der ersten beiden Tage, er meisterte diese Phasen aber souverän.
So zum Beispiel an Loch drei, als er den Abschlag ins Rough verzog. Anders als an der 18 am Vortag, als er übertriebene Aggressivität mit einem Doppelbogey bezahlte, legte er dieses Mal den Ball sicher aufs Fairway zurück und bereitete mit einem großartigen Pitch an die Fahne das sichere Par vor. An der Vier rettete er das Par mit einem grandiosen Bunkerschlag, an der Fünf sorgte das erste Birdie des Tages für ein bisschen Ruhe.
Immer eine Antwort parat
Und doch schwang beim Betrachter weiterhin immer der Gedanke mit, ob er die Runde heil nach Hause bringen würde, schließlich kann beim Golf immer etwas passieren. Bringt Bahn zehn etwa die Kehrtwende zum Negativen? Trotz eines tollen Bunkerschlags konnte McIlroy das Par nicht retten und der erste Schlagverlust des Tages war da.
Mit der Elf folgte eines der schwersten Löcher auf dem Platz. Und was macht McIlroy? Er verzieht den Drive ins Rough, haut den zweiten Schlag trotzdem auf das Grün und versenkt den Putt zum Birdie. Der 22-Jährige ballte die Faust und kam erstmals an diesem Tag richtig aus sich heraus. Er wusste, wie wichtig diese Antwort auf den Schlagverlust zuvor war.
Nach einem weiteren Birdie an der 14 zeigte sich McIlroy an der 17 abermals nervenstark, als er einen Par-Putt aus über zwei Metern Länge versenkte. Ein sicheres Par an der letzten Bahn beendete seine Runde. Natürlich werden die Diskussionen nun beginnen, ob Rory McIlroy dieses Mal seine Nerven im Griff hat und den Sieg nach Hause bringt. Eine Antwort wird erst der Sonntag bringen.
Die Statistik hat der 22-Jährige auf seiner Seite. Acht Schläge sind zwar nicht die höchste Führung in der Geschichte eines Majors, Tiger Woods (US Open 2000) und Henry Cotton (British Open 1934) lagen nach drei Runden schon zehn Schläge vorne, aber noch nie hat jemand eine solche Führung eingebüßt. Den Rekord hält Greg Norman, der 1996 beim US Masters sechs Schläge Vorsprung am Schlusstag noch aus der Hand gab. Es bleibt Rory McIlroy zu wünschen, dass ihm dieser Rekord an diesem Wochenende erspart bleibt.
Kaymer und Siem noch gut bedient
Nach ihren guten Runden am zweiten Tag konnten Martin Kaymer und Marcel Siem ihre Aufholjagd nicht mehr fortsetzen und haben den Kontakt zu den vorderen Plätzen endgültig verloren. Beide einte nach der Runde die Erkenntnis, dass sie an diesem Tag sehr schlecht gespielt haben und mit ihrem Ergebnis noch gut bedient waren.
Kaymer rettete sich mit einem grandiosen Finish noch mit einer 72er Runde (+1) ins Ziel. Ein Eagle auf der 16 und ein Birdie auf der schwierigen 18 sorgten für einen versöhnlichen Abschluss. Gleichzeitig war das auch Beleg für das ordentliche kurze Spiel des Deutschen, bei dem ansonsten nicht viel zusammenlief.
Siem: Habe Schrott gespielt
„Ich habe überhaupt nicht gut gespielt und viele schlechte Schläge gemacht. Das Ergebnis von +1 mit diesen Schlägen ist eine Sensation“, bilanzierte Kaymer im TV-Interview bei Sky. Mit insgesamt drei Schlägen über Par rangiert er auf dem geteilten 36. Platz und kann sich mit einer ordentlichen Schlussrunde zumindest noch eine gute Platzierung sichern.
Davon ist Marcel Siem noch ein Stück weiter entfernt. Der 30-Jährige musste eine 74 (+3) auf seiner Scorekarte notieren und fiel mit sechs über Par auf den 54. Rang zurück. Fünf Bogeys in Serie hatten Siem auf den zweiten neun Löchern weit zurückgeworfen. Auch er ging gegenüber Sky hart mit sich ins Gericht: „Ich muss ehrlich zugeben, dass +3 ein gutes Ergebnis ist für den Schrott, den ich gespielt habe.“