WGC Bridgestone Invitational: Woods feiert Comeback

Zum dritten Mal binnen drei Jahren feiert Tiger Woods ein Comeback nach längerer Pause. Seit November 2009 ohne Sieg, ist er in der Weltrangliste aus den Top 20 herausgefallen. Schafft er noch einmal den Weg zurück an die Spitze? Wir analysieren die Chancen.
Eines lässt sich vorab festhalten: Tiger Woods selbst hat dafür gesorgt, dass der Weg für ihn zurück an die Weltspitze so steinig geworden ist. Er war es, der das Spiel Ende der Neunziger revolutioniert und auf ein anderes Level gehoben hat. Mit seiner Physis, Aggressivität und Dynamik veränderte er die Golf-Welt nachhaltig.
Um dauerhaft vorne mitspielen zu können, reichen Ball- und Schwunggefühl nicht mehr aus, inzwischen ist es völlig normal, dass Golfer auch mit Fitness- und Mentaltrainern zusammenarbeiten. Woods sorgte mit seinen gewaltigen Abschlägen dafür, dass die Plätze immer wieder verlängert wurden. Die technische Weiterentwicklung des Materials beschleunigte diesen Prozess.
Woods ein kompletter Spieler
Das Talent von Woods steht auch vor diesem Hintergrund außer Frage, seine Stärken von einst sind in der heutigen Zeit jedoch längst nicht mehr so einzigartig wie damals. Die Spitze ist breiter geworden, die Unterschiede zwischen den Spielern geringer.
Als Tiger Woods im Alter von 21 Jahren sein erstes Turnier auf der US Tour gewann, begann ein kometenhafter Aufstieg und eine jahrelange Dominanz. Natürlich gab es Schwankungen in seiner Leistung, aber Turniere gewann er bis 2009 in jedem Jahr.
Der Amerikaner legte von Beginn an Wert auf ein komplettes Schlagrepertoire und konnte sich zu seinen besten Zeiten sowohl auf sein glänzendes langes als auch kurzes Spiel verlassen. Wirkliche Schwächen hat er nicht. Zudem war er dafür bekannt, sehr viel Zeit beim Putting-Training zu verbringen, was ihm auf den Grüns oftmals den entscheidenden Vorteil brachte. Sein Wegbegleiter in den ersten Jahren von 1993 bis 2004 war Butch Harmon, einer der bekanntesten und erfolgreichsten Golftrainer der Welt.
1996 bis 2002: Longhitter mit Präzision
Als Tiger Woods 1996 die Golfwelt eroberte, herrschte noch ein anderes Zeitalter. Mit seinen gewaltigen Abschlägen sorgte er für Erstaunen. So etwas hatte man bis dahin nur von John Daly gesehen, der traf jedoch nur in seltenen Fällen das Fairway. Bei Woods war das anders. Bei einer durchschnittlichen Drivelänge von rund 300 Yards traf er um die 70 Prozent der Spielbahnen, ein überragender Wert.
Generell lässt sich sagen, dass zusätzliche Weite immer auf Kosten der Präzision geht. Es kommt darauf an, die richtige Mischung zu finden. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 liegen auf der US Tour derzeit gerade einmal acht Spieler über einer Trefferquote von 70 Prozent und das sind vor allem jene, die den Ball deutlich kürzer schlagen als der Durchschnitt. Andersherum schlagen heute dafür jede Menge Spieler den Ball so weit wie Woods damals.
Woods spielte mit seinen Fähigkeiten seinerzeit auf Plätzen, die dafür nicht ausgelegt waren. Vor allem auf den Par 5 Löchern, die zumeist kürzer waren als heute, verschaffte ihm das einen unglaublichen Vorteil. Ein gelungener Drive, ein kurzes Eisen oder gar ein Wedge und schon lag Woods auf dem Grün. Keiner konnte da mithalten.
Zumal Woods auch ein überragender Eisenspieler ist. Das hat zur Folge, dass er fast über seine gesamte Karriere hinweg in der Statistik „Greens in Regulation“ zu den besten gehörte. Diese Statistik gibt Aufschluss darüber, wie oft ein Spieler mit der vorgegebenen Anzahl an Schlägen den Ball auf das Grün bringt. Bein einem Par-4-Loch wären das also zwei Schläge – Abschlag plus Annäherungsschlag.
Im Idealfall hat der Spieler eine Birdie-Chance, andernfalls genügt ein Zwei-Putt zum Par. Woods lag hier in vielen Jahren über 70 Prozent, was ebenfalls ein absoluter Top-Wert ist, zumal er als glänzender Putter diese Vorlagen zu nutzen wusste.
Die beste Phase in dieser Zeit waren die Jahre 1999 bis2002 als der Superstar 27 Turniere auf der US Tour, darunter sieben Majorveranstaltungen, gewann.
2003 bis 2004: Der erste große Umbruch
Die Golf-Welt war zu diesem Zeitpunkt bereits im Wandel. Schon 2002 gehörte Woods erstmals nicht zu den Top 3 bei der Länge seiner Abschläge (Platz 6) im Jahr 2003 fiel er auf Rang elf zurück. Das hing auch damit zusammen, dass der Amerikaner immer noch auf seine alten Schläger setzte, während die Konkurrenz längst die neue Driver-Technologie in der Tasche hatte.
Phil Mickelson machte im Februar 2003 darüber öffentlich einen Scherz und merkte an, dass Woods der Einzige sei, der mit unterlegenem Material noch mithalten könne. Bei Woods selbst und seinem Ausrüster kam das nicht so gut an und sorgte für viel Aufregung.
Signifikant schlechter war 2003 auch seine Schlaggenauigkeit. Woods traf nur noch 62 Prozent der Fairways. Sein übriges Spiel funktionierte aber nach wie vor und so heimste er erneut fünf Turniersiege ein, allerdings war kein Majortitel dabei.
Anfang 2004 wechselte er den Trainer. Auf Butch Harmon folgte Hank Haney. Der leitete sogleich einen großen Schwungumbau ein. Ziel war es unter anderem das linke Knie von Woods zu entlasten, da schon damals die ersten Probleme im Gelenk auftauchten. Zudem mistete er in diesem Jahr auch seine alten Driver aus und setzte auf neuwertige Modelle.
Die zahlreichen Änderungen wirkten sich auf dem Platz negativ aus. Nur ein Turnier konnte Tiger Woods in jenem Jahr gewinnen. Zu nutzen wusste das Vijay Singh, der 2003 und 2004 die besten Jahre seiner Karriere erlebte und Woods nach 264 Wochen als Nummer eins der Welt ablöste.
2005 bis 2009: Das Imperium schlägt zurück
Neuer Schwung, neue Schläger, neue Länge – Tiger Woods meldete sich 2005 eindrucksvoll zurück. Mit im Schnitt 316 Yards haut er die Kugel so weit wie noch nie zuvor in seiner Karriere, er bezahlte das allerdings mit einer dramatisch gesunkenen Genauigkeit von 54 Prozent. Ins Gewicht fiel das jedoch nicht, er konnte sich auf seine Eisenschläge auch aus schwierigen Lagen verlassen, zumal er durch den weiten Abschlag meist kürzere Eisen für den zweiten Schlag in die Hand nehmen konnte.
Bis 2009 gewann er 31 Turniere (6 Major), Mitte 2005 übernahm er wieder dauerhaft Position eins in der Weltrangliste. Ein Blick in die Statistik verrät, dass Woods Jahr für Jahr auf der Suche nach der richtigen Mischung auf Länge vom Tee verzichtet hat, um die Genauigkeit zu erhöhen. In geringem Maße ist ihm das auch gelungen, mehr als 60 Prozent der Grüns traf er aber nicht mehr. 2009 war er dafür im Distanz-Ranking nur noch die Nummer 21.
Darunter litt auch seine einstige Dominanz auf den Par-5-Löchern. Noch immer war Woods in dieser Statistik vorne dabei, doch längst wussten auch viele andere Golfer diese Spielbahnen zu nutzen, um Schläge zu gewinnen. Den Unterschied machten in diesen Jahren für Woods nicht mehr die Par-5, sondern die Par-4-Löcher aus. Vor allem in den Jahren 2005 bis 2007 war kein anderer Spieler dort so erfolgreich wie er.
Der Schlüssel lag in seinen überragenden Annäherungsschlägen und seiner Fähigkeit, die entscheidenden Putts zu lochen. Hatte Woods seinen Ball erst mal auf dem Grün, dann nutzte in diesen Jahren statistisch keiner diese Chance so oft wie er.
Seit 2010: Nichts ist mehr, wie es war
2008 gewann Tiger Woods mit gerissenem Kreuzband bei der US Open seinen letzten Majortitel, es folgte eine achtmonatige Pause und ein erfolgreiches Comeback 2009 mit sechs Turniersiegen. Ende 2009 brach die vermeintlich heile Welt des Superstars zusammen. Nach und nach drangen pikante Details aus seinem Privatleben an die Öffentlichkeit. Seine Ehe zerbrach und Woods nahm eine Auszeit vom Golf-Sport.
Beim Masters 2010 kehrte er auf die große Bühne zurück. Sein Spiel hat er seither nicht mehr wieder gefunden. Auch das mag vielfältige Gründe haben, vielleicht ist der Kopf nicht mehr so frei wie früher, die ständigen gesundheitlichen Probleme sind garantiert ein Faktor genauso wie die Suche nach dem richtigen Schwung.
Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. 2011 ist Woods bei einer Driving-Distanz von 289 Yards angekommen, so kurz hat er in seiner ganzen Karriere nicht geschlagen. Die Genauigkeit liegt trotzdem nur bei 52 Prozent. Mit beiden Werten ist er heute in der Weltspitze nicht mehr konkurrenzfähig. Zudem wirkt sich diese Schwäche auf das weitere Spiel aus.
War er früher dafür bekannt und in den Statistiken führend, manche Grüns auf Par-4-Löchern vom Tee aus zu attackieren, oder aber auf Par-5-Löchern die Fahne mit dem zweiten Schlag anzupeilen, ist das heute aufgrund seiner schlechten Drives kaum mehr möglich. Normale Annäherungsschläge sind aus schlechten Balllagen natürlich ebenfalls schwerer zu realisieren. Auch das belegen die Statistiken. Woods bekommt den Ball zwar immer noch oft mit der geforderten Schlagzahl auf das Grün, jedoch nicht nah genug an die Fahne. Die Birdie-Putts sind länger und folglich fallen weniger davon.
Im Umfeld reagierte er bereits im Jahr 2010 auf diese Entwicklung. Im Mai trennte er sich von Trainer Hank Haney und nach dem katastrophalen Auftritt beim WGC Bridgestone Invitational, wo er mit 18 über Par den vorletzten Platz belegte, gab er im August die Zusammenarbeit mit Sean Foley bekannt. Der Erfolg blieb bisher jedoch aus.
Ausblick
Erste Voraussetzung für ein erfolgreiches Comeback von Tiger Woods ist natürlich die Gesundheit. In den letzten Jahren hatte er permanent mit unterschiedlichsten Problemen zu kämpfen. Knie, Achillessehne, Stressfrakturen – der Körper forderte Tribut für die jahrelange Beanspruchung. Daraus hat Woods offenbar gelernt, denn er kündigte vor Wochen an, dass er nur noch an den Start gehen wolle, wenn er 100 Prozent fit ist. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.
Darüber hinaus muss Woods dringend seine spielerischen Probleme in den Griff bekommen – vor allem mit dem Driver. Zuletzt fehlte die Explosivität und Aggressivität am Abschlag, von der fehlenden Präzision ganz zu schweigen. Sollte es ihm gelingen, in diesem Bereich an alte Zeiten anzuknüpfen, dann würde er sofort wieder ein Kandidat für den Sieg bei jedem Turnier sein.
Eine Fortsetzung der einstigen Dominanz ist jedoch kaum vorstellbar. Dafür hat seine Konkurrenz zu sehr aufgeholt. Einen signifikanten Längenvorteil vom Tee wird sich Woods nicht mehr erarbeiten können, die Unterschiede zwischen den Spielern haben sich gerade in diesem Bereich minimiert. Massive Vorteile, wie Woods sie über Jahre auf den Par-5-Löchern ausnutzen konnte, gibt es momentan nicht mehr.
Selbst ein Lee Westwood, der im Jahr 1999 drei Turniere gewann und damals den Ball nur 275 Yards weit im Schnitt schlug, kommt heute auf 295 Yards und liegt damit im Bereich von Woods. Mit dem Unterschied, dass er den Ball sehr viel präziser spielen kann. Wenn ein signifikanter Vorteil vom Tee fehlt, kommt es heute mehr denn je darauf an, alle Schlagvarianten zu beherrschen. Genau das könnte für Woods eine Chance sein, denn mit den Eisen und dem Putter kann er immer noch hervorragend umgehen. Das gilt für viele andere Spieler allerdings auch.
Lars Ahrens