Golf: Par-10: Jason spinnt und Louis singt

Justin Thomas gewinnt die 99. PGA Championship im Quail Hollow Club in Charlotte/North Carolina. Jason Day hätte sie auch gewinnen

können, wurde aber von einem Krampf im Gehirn heimgesucht. Ein Australier verwandelt sich in Happy Gilmore, ein US-Nobody schreibt 1400 SMS und Louis singt. Das SPOX-Par-10.

5-1: Happy Gilmore und die Coming-out-Party

10. Was zur Hölle machst Du da?! Da hat man sich gerade erst vom Abenteuer des Jordan Spieth an der 13 in Birkdale erholt, ich schaue mir die 30 Minuten immer noch einmal die Woche ungläubig an, da kommt Jason Day und mit ihm auch wieder das Kopfschütteln.

Was war passiert? Day hatte sich nach einem bislang schwierigen und sieglosen Jahr in eine starke Position gebracht, als ihn am Moving-Day sein Schwung wieder verließ. Day kloppte die Bälle links und rechts in der Gegend umher, fand dann aber mit drei Birdies in Folge von der 14 bis zur 16 wieder ein bisschen Magie und war wieder voll im Rennen.

Selbst ein ärgerliches Bogey an der 17 änderte daran nichts. Und selbst ein Bogey an der 18 hätte daran nichts geändert. Aber dann bekam JD einen Krampf im Gehirn, anders ist es nicht zu erklären. Okay, er hatte seinen Abschlag weit nachts rechts verzogen. Aber er war wenigstens in einer so schrecklichen Lage, dass es an sich nur eine Option gab. Den Ball zurück aufs Fairway rausspielen und irgendwie von da versuchen, das Par zu retten (so hatte es Louis Oosthuizen gerade erst vorgemacht, wusste Day aber natürlich nicht). Oder es wird eben die 5, auch nicht tragisch.

Aber Day schoss ein anderer Gedanke in den Kopf. Hey, ich könnte ja auch versuchen, einen verrückten Hook zu spielen. Das Grün ist zwar links, rechts nur Straße, Büsche und Zelte, aber why not. Eigentlich hätte jetzt Caddie Colin Swatton eingreifen, Day das Sandwedge in die Hand drücken und sich verziehen müssen. Machte er aber nicht.

Also versuchte Day den Hook und bezahlte böse dafür. Sein zweiter Schlag landete in einer Hecke. Es folgte ein Strafschlag und Drop, keine zwei Meter direkt vor einer weiteren Hecke dicht an einem Pavillon, absolut bizarr. Immerhin bekam er den Ball überhaupt über die Hecke, aber wenige Minuten später stand trotzdem der Schneemann auf der Scorekarte. Quadruple-Bogey. Game over.

Day, zusammen mit Jordan Spieth wohl der medienfreundlichste Spieler überhaupt, lehnte danach alle Interview-Wünsche ab. Hätte ich auch gemacht. Er hatte gerade seine Siegchance weggeschmissen – und dazu noch seine Frau auf die Palme gebracht. Ellie Day fasste via Twitter alles am besten zusammen. „Golfffff.“

9. Noch kein Career-Grand-Slam für Spieth: Seit seinem Sieg bei der British Open musste Jordan Spieth geschätzte 757.000 Fragen (vielleicht auch mehr) zum möglichen Career-Grand-Slam beantworten. Spieth hätte nicht nur dem elitären Club mit den Mitgliedern Gene Sarazen, Ben Hogan, Gary Player Jack Nicklaus und Tiger Woods beitreten können. Er hätte auch der Jüngste sein können, der das vielleicht höchste Ziel im Golf erreicht.

Spieth betonte zwar, dass er früher nicht ins Tagebuch geschrieben hätte, dass er zwingend der Jüngste der Geschichte sein will, der alle vier Majors gewonnen hat, aber natürlich wäre es eine tolle Story gewesen. Wer Golf aber kennt und versteht, Spieth weiß es besser als jeder andere, der wusste, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist. So funktioniert Golf einfach nicht.

Genau so kam es dann auch. Spieth kam während der gesamten Woche nicht richtig in die Gänge und spielte im Niemandsland (Rang 28 am Ende) vor sich hin. Immer mit dem Wissen, dass er noch unzählige Chancen haben wird, die PGA Championship zu gewinnen. Aber: Spieth merkte auch an, dass die PGA ihm vom Setup von allen großen Turnieren am wenigsten liegt und es für ihn wohl immer das schwierigste Major sein wird.

Bevor er seine nächste Chance auf den Career-Slam bekommen wird, haben jetzt erstmal wieder zwei andere Jungs ihre Möglichkeit. Rory McIlroy beim Masters und Phil Mickelson bei der US Open, zu den beiden aber später.

8. Rise up! Karriere-Grand-Slam? Pah! Fragt mal Louis Oosthuizen, der Südafrikaner mit dem vielleicht schönsten Golfschwung auf der Welt machte bei der PGA seinen Slam an zweiten Plätzen perfekt.

Zweiter beim Masters 2012, Zweiter bei der US Open und der British Open 2015 – jetzt auch Runner-up bei der PGA. Wie man darauf reagiert? Ganz einfach, indem man „Rise up“ von Andra Day nachsingt! Unbedingt anschauen!

Zum Glück hat Oosthuizen mit der British Open 2010 schon einen Major-Titel auf dem Konto und kann es einigermaßen locker nehmen.

7. Die verspätete US Open: Wer Quail Hollow und vor allem die legendäre Green Mile von der 16 bis zur 18 (1223 Yards an Grausamkeit) von der Wells Fargo Championship kannte, der wusste, dass dieser Platz bereit war für eine Major-Championship. Aber dass der Kurs nach dem Redesign bei seinem Debüt so überragend auftrumpfen würde? Dem Par-10 hat es jedenfalls gefallen.

Gerade nach dem Jahr, das wir hinter uns haben. Die US Open war viel zu einfach. Bei der British Open haben wir die erste 62 der Geschichte gesehen. Dass jetzt ausgerechnet das traditionell freundlichste Major zur US Open mutierte, war stark. Es war ja nicht nur die Green Mile, in Runde 3 gab es zum Beispiel kein einziges Birdie an der Monster-1. Loving it!

Krass schnelle Grüns, krasses Rough und krasse Fahnenpositionen – und schon waren die Beschwerden der Spieler wieder zu hören, selbst von Leuten, die Mitglied im Quail Hollow Club sind. Hallo, Webb Simpson. Ja, es war tough, aber es war nicht unfair.

Es ist ein Märchen, dass Golf nur dann aufregend ist, wenn die Stars die Bälle über den Platz bomben, immer Wedges in der Hand haben und ein Birdie-Feuerwerk abbrennen. Es ist vor allem dann aufregend, wenn Drama geschaffen wird und am Ende ein verdienter Sieger herauskommt. Das hat Quail Hollow definitiv geschafft.

6. Die glorreiche Stunde des Graham DeLaet: Ja, der Kurs spielte sich wahnsinnig schwer, aber das heißt nicht, dass man nicht für eine gewisse Zeit sich komplett in the zone spielen konnte. Graham DeLaet hätte es in Runde drei tatsächlich fast geschafft, zweimal in Folge eine 1 auf die Scorekarte zu schreiben. Ehrlich. 1-1! Erst fehlten Zentimeter zum Hole-in-One und der 13, dann lippte der Abschlag des Kanadiers an der 14 (kurzes Par 4) aus. Irre.

DeLaet ließ noch ein Eagle an der 15 und ein Birdie an der 16 folgen. Birdie-Eagle-Eagle-Birdie, 6 unter für 4 Löcher. „Es ist einer der Momente, bei denen Du Dir denkst, ‚Soll das ein Witz sein, was geht denn hier ab, ist das wirklich gerade passiert?‘, aber es hat ziemlich Spaß gemacht.“ DeLaet beendete das Turnier am Ende gemeinsam mit dem so lange führenden Kevin Kisner auf Rang sieben.

10-6: Jason spinnt und Louis singt

5. Was ist mit Phil los? 79+74, elf über Par. Phil Mickelson verpasste nach zwei Tagen Rumhacken im Rough zum ersten Mal seit 22 Jahren wieder den Cut bei der PGA Championship. Als Lefty zum letzten Mal am Wochenende bei der PGA nicht dabei war, setzte sich Steve Elkington in Riviera gegen Colin Montgomerie durch. Gott, ist das lange her.

Aber „schlimmer“ als der verpasste Cut in seinem 100. Major (Mickelson und Ernie Els zogen bei der PGA in den 100er-Club ein) waren die offenen Worte von Mickelson danach. „Ich bin nicht wirklich fokussiert da draußen. Mir fällt es schwer, die Schläge zu visualisieren. Mir fällt es schwer, meine Gedanken zu kontrollieren und sie nicht herumschweifen zu lassen.“

Was ist los? Hat Mickelson nach 5 Majors, 42 Turniersiegen und mehr als 80 Millionen Dollar Preisgeld etwa die Motivation verloren? Welchen Einfluss hat die Trennung von Caddie Jim „Bones“ Mackay? Mit seinem Bruder Tim an der Tasche hat er bei zwei von vier Events den Cut nicht gepackt. Oder hat es doch was mit dem Alter zu tun? Mickelson wurde im Juni bekanntlich 47.

Fakt ist, dass Mickelson schnell in die Spur finden und Presidents-Cup-Captain Steve Stricker etwas zeigen muss, sonst ist er nach 22 Jahren in Folge zum ersten Mal bei einem Team-Wettbewerb nur als Fan auf der Couch dabei.

4. Was ist mit Rory los? Die Form von Mickelson ist ein Mysterium, aber was mit Rory McIlroy 2017 abgeht, ist das noch viel größere Rätsel. Vor der PGA war McIlroy für viele der Topfavorit auf den Sieg.

Es schien so, als ob McIlroy nach schwierigen Monaten die Kurve gekriegt hatte. Okay, der Rauswurf von Caddie J.P. Fitzgerald (O-Ton: „Ich habe ihn für jeden schlechten Schlag verantwortlich gemacht“) war schockierend, aber der Trend in McIlroys Spiel zeigte mit einer Top-5-Platzierung nach der anderen wieder ganz klar nach oben. Und McIlroy liebt Quail Hollow wie kaum ein anderer. Auf diesem Platz holte er 2010 seinen ersten Sieg auf der PGA Tour, mit einer außerirdischen 62 am Finaltag. 2015 folgte ein weiterer Sieg.

Die PGA war wie gemacht für McIlroy, Horses for Courses und so. Aber statt Major-Sieg Nummer fünf lieferte McIlroy eine über weite Strecken uninspirierte Vorstellung ab. Dank einer 68 zum Abschluss schob er sich immerhin noch in die Top-25 und offenbarte danach, dass ihm seine langwierige Rippenverletzung nach wie vor sehr zu schaffen macht.

„Ich kann zwar rausgehen und ordentliche Runden spielen, aber wenn ich vom Platz komme, spüre ich die Schmerzen. Die Innenseite meines linken Arms wird taub. Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll“, sagte McIlroy. Ob er überhaupt zur Titelverteidigung beim FedEx-Cup antritt oder ob wir ihn bis 2018 gar nicht mehr sehen, ist völlig offen. McIlroy wird sich in seiner Heimat in Nordirland in die ärztliche Behandlung eines Spezialisten begeben und danach eine Entscheidung treffen.

3. Rod Pampling als Happy Gilmore: Bei der PGA Championship haben wir wieder einen der wenigen Punkte gesehen, die im Golf total nerven. Fünf Stunden und 40 Minuten für eine Runde Golf? Kommt, Jungs, das ist wirklich Wahnsinn.

Dass es auch schneller geht, haben wir am Abend von Tag zwei gesehen, als nach einer Wetterunterbrechung plötzlich Speed-Golf angesagt war. Schließlich wollte jeder irgendwie noch fertig werden, bevor das Horn ertönt. Morgen früh um 7 Uhr wegen eines verdammten Lochs auf den Platz müssen? Die Hölle.

Also rannten die Jungs über den Platz, schließlich darf man das Loch beenden, an dem man gerade unterwegs ist, einer muss halt vorgehen und draufprügeln. Jason Day hatte es Dustin Johnsons Sprint an den 18. Abschlag zu verdanken, dass er eine geruhsame Nacht erleben durfte. Im Flight von Thomas Pieters, Xander Schauffele und Rod Pampling wurde Pampling zum Helden des Tages.

Niemand aus dem Trio hatte eine Chance auf den Cut, also hieß es, wenigstens noch fertig zu werden. Pampling sprintete zum 9. Tee und zimmerte im Happy-Gilmore-Style einfach drauf. Muss man gesehen haben, nie war der Pro Tracer so wichtig.

2. Chris Stroud, geiler Typ! Lust auf eine schöne Geschichte? Bitte. Mein Name ist Chris Stroud. Spitzname: Mr. Positivity. Ich bin 35 Jahre alt und seit 13 Jahren Golfprofi. Gewonnen hatte ich bis vor einer Woche noch nie. Vor einiger Zeit traf ich Sergio Garcia, der mir sagte, dass ich mir nicht so viel Druck machen solle. Der Sieg würde schon kommen. Und dann kam die großartige und selten erreichte Barracuda Championship. Ihr wisst schon, das ist das Event, das gleichzeitig zum Bridgestone Invitational stattfindet. Vogelwilde Typen und Ex-Champions spielen da mit und kämpfen um ihre golferische Existenz.

Auf jeden Fall habe ich dort das Playoff gegen Greg Owen und Richy Werenski gewonnen und mich so als letzter Spieler für die PGA qualifiziert. Zum dritten Mal erst war ich bei einem Major dabei und dann war ich nach drei Runden plötzlich in der letzten Gruppe. Ich musste mich erstmal kneifen. Als Nummer 203 der Welt hätte ich nach Ben Curtis (Nummer 396 bei seinem British-Open-Triumph 2003) der am zweitschlechtesten gerankte Spieler werden können, der ein Major gewinnt.

Es sollte leider nicht sein, aber die Woche war mit dem Top-10-Ergebnis trotzdem ein Traum. Nach meinem Sieg hatte ich 1400 SMS, 55 Voicemails und wahrscheinlich nochmal 100 Emails bekommen. Ich habe jede einzelne Nachricht beantwortet. Weil es mir wichtig ist. Wenn die Golfkarriere einmal vorbei ist, sind es die Menschen und Beziehungen, die bleiben. Mir sind Menschen wichtiger als Golf. So wurde ich erzogen. Ich bin dankbar, dass ich auf der Tour spielen darf und gesund bin.

Dufter Typ, dieser Chris Stroud.

1. Gute Freunde kann niemand trennen: Er hatte 2017 schon drei Turniere gewonnen. Er hatte bei der Sony Open eine 59 geschossen. Bei der US Open eine atemberaubende 63. Und trotzdem war Justin Thomas für viele irgendwie in erster Linie der beste Kumpel von Jordan Spieth.

Das ist er zwar immer noch, aber mit seinem ersten Major-Titel hatte JT jetzt seine eigene große Coming-out-Party. Thomas‘ Finalrunde hatte alles, was man an Drama so braucht. Es ging an der 1 mit einem katastrophalen Bunkerschlag und einem eminent wichtigen Bogey-Save los und fand an der 10 seinen ersten großen Höhepunkt.

Zunächst mal schaffte es Thomas, seinen Abschlag so nach links gegen die Bäume zu schießen, dass der Ball perfekt aufs Fairway abgelenkt wurde. Danke, lieber Golf-Gott. Aber es sollte noch mehr Fügung auf ihn warten.

Thomas‘ Birdie-Putt schien nämlich links an der Lochkante kleben zu bleiben… bitter… aber Thomas wartete, drehte sich weg und plötzlich fiel der Ball doch noch rein. Es war ein astreiner Tiger-in-Augusta-Moment. Thomas ließ ein Chip-in-Birdie an der 13 folgen und spätestens als er auch an der 17 ein Birdie spielte, was bei der Fahnenposition eigentlich fast gar nicht geht, war sein Triumph klar.

Genauso klar war, dass seine Buddys Spieth, Rickie Fowler und auch Bud Cauley an der 18 auf ihn warten würden. Es ist ziemlich cool zu sehen, wie die Jungs nicht nur aktuell den Golfsport rocken, sondern wie sie auch miteinander umgehen und selbst als Konkurrenten auch gegenseitig ihre größten Fans sind. Rickie, am Ende mal wieder Top-5, müsste halt jetzt langsam mal eins gewinnen… Wir hören uns im April 2018 beim Masters wieder!

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